Nur ein brüllender Mann
Von Doris Knecht
Der 41er fuhr weg, samt dem kleinen Sohn, vor den Augen seines ohnmächtigen Vaters.
über Unbill mit der Bim
Es ist wieder einmal passiert, diesmal einem Freund. Der Freund, Thomas M., war Freitag Mittag mit dem einjährigen Sohn unterwegs, um den vierjährigen vom Kindergarten abzuholen. (Es muss ein paar Minuten vor zwölf passiert sein, ich weiß das genau, weil ich unmittelbar davor mit dem kinderwagenschiebenden M. telefoniert habe, und kurz danach erneut mit dem stark keuchenden, der mir erzählte, was ihm eben passiert war.)
M. hatte also den Kleinen im Kinderwagen in eine 41er-Bim geschoben, im hinteren Teil. Als er den Wagen parkte, fiel das Flascherl aus dem Wagen und rollte zur Tür hinaus. Und als M. den einen Schritt aus der Bim hinaus machte und sich nach dem Flascherl bückte, schloss sich hinter ihm die Tür. M. sprang zurück, schrie, pumperte an die Tür, winkte nach vorne zum Fahrer, schrie: Der 41er fuhr an. M. lief brüllend und immer noch an die Garnitur hämmernd hinterher; erfolglos: Der 41er fuhr weg, samt dem kleinen Sohn, vor den Augen seines entsetzten, ohnmächtigen Vaters.
Es lässt sich nicht sagen, ob der Fahrer oder die Fahrerin den Mann gesehen hat, der schreiend und verzweifelt mit den Fäusten an die Tür hämmerte. Es lässt sich nicht sagen, ob Fahrerin oder Fahrer ihn nicht jedenfalls hätten sehen müssen, beim Losfahren, beim vermutlich vorgeschriebenen Kontrollblick in den Rückspiegel. Es lässt sich nicht sagen, ob der Fahrer den Mann einfach für einen cholerischen Fahrgast hielt, der halt seine Wut darüber ventilierte, die Bim ums Haar verpasst zu haben. Weiß man nicht, weil Thomas M. den Fahrer oder die Fahrerin nicht zur Rede stellen konnte.
M. tat das, was er konnte: Er rannte wie ein Wahnsinniger der Straßenbahn hinterher zur nächsten Station und traf dort auf eine nette, umsichtige Frau, die das getan hatte, was man in so einer Situation unbedingt immer tun sollte: Sie war mit dem Kinderwagen bei der nächsten Station ausgestiegen und wartete dort auf M. Alles nochmal gut gegangen; trotzdem.