"Mir fehlt es an gar nichts"
Von Doris Knecht
Sorgen hab’ ich gar keine" oder: "Mir fehlt es hier an gar nix
über tapfere Kinder, die in Armut leben müssen
Die Regisseurin Mirjam Unger ("Oh yeah, she performs") hat für den ORF-Schauplatz einen Beitrag gestaltet, der einem lange nicht aus dem Kopf geht. Sie hat ein paar Kinder begleitet, die in Armut leben. Österreichische Kinder, wohlgemerkt, denn von den 8,5 Millionen Einwohnern dieses reichen Landes sind 1,2 Millionen arm oder leben an der Armutsgrenze: 300.000 davon sind Kinder. Unger lässt einige von ihnen über ihr Leben erzählen, in dem für alles zu wenig Geld da ist: für Fußballschuhe, fürs Wohnen, für einen Ball und dafür, zu essen, was man will.
Da ist der 14-jährige Marcel, der mit seiner Mutter nach der Scheidung der Eltern in die Armut abrutschte. Weil der Vater der arbeitslosen Mutter keine Alimente zahlte, war bald kein Geld mehr da, der Bub und seine Mutter wurden delogiert, es dauerte Monate, bis es Sozialhilfe und Unterhalt vom Staat gab. Wären die beiden nicht von Verwandten unterstützt worden, "wären wir verhungert", erzählt die Mutter, mit der Marcel nun in einem Mutter-Kind-Heim lebt. Es ist erschütternd, wenn man den Buben reden hört, dessen größte Wünsche neue Fußballschuhe sind und Essen "beim Mäci": "Sorgen hab’ ich gar keine", sagt er, und: "Mir fehlt es hier an gar nix", und in seinem Gesicht kann man lesen, wie sehr es ihm an allem fehlt.
Oder die Tapferkeit der 13-jährigen Melanie, die mit zwei Geschwistern und ihrer Mutter auf einem Bergbauernhof vom Allernötigsten lebt, nachdem der Vater vor zwei Jahren gestorben ist. "Wir schaffen das", sagt sie lächelnd, und man spürt, wie sie dafür alle Kraft braucht, die sie hat. Und wenn man dann die Geschwister Lea, Iva und Alexander sieht, die mit ihrer Mutter Maria Stern jede Woche eine Stunde vor dem Parlament dafür demonstrieren, dass alle Kinder in Österreich finanzielle Grundsicherung vom Staat bekommen: Wenn man all diese Geschichten gehört hat, stimmt man ihnen uneingeschränkt zu.
Unbedingt sehenswert, dieser Schauplatz: noch bis Donnerstag in der ORF-TVthek.