Was ist schon gutes Wetter?

Endlich: Der Winter ist vorbei. Mehr noch, denn er ist es vielleicht für immer, zumindest in Wien: Hier wird es möglicherweise nie wieder richtig Winter. Jedenfalls nicht Winter, wie wir ihn in der Wienerstadt gewohnt sind: Grau und kalt, mit hochgeklappten Bürgersteigen und grantelnden Bewohnern, die nichts Dringlicheres im Sinne führen, als sofort das nächstgelegene Innere eines Gebäudes aufzusuchen. Winter in Wien, das bedeutete bisher fast lückenlose Inhäusigkeit.

Ein paar tapfere Hinterhof-Eigner und der eine oder andere rebellische Balkonbesitzer warfen auch winters das Grillgerät an, die Eisernen unter den Läuferinnen und Läufern rannten trotz Schneefalls durch die Stadt, die Jugend bespielte auch bei eisigsten Temperaturen die Ball-Käfige. Alle anderen blieben im Haus, saßen an Öfen, vor offenen Kaminen, wärmten sich an dampfenden Töpfen. Im nächsten Winter wird alles anders.

Denn wenn alles glatt geht, fällt die bisherige Schanigarten- Verordnung noch vor der nächsten Kälteperiode. Wenn alles gut geht, dann dürfen die Wiener Wirtinnen und Wirte fortan ihre Gartenmöbel ganzjährig vorm Lokal lassen und ihre Gäste auch im Winter draußen bewirten. Wenn alles läuft, wie 80 Prozent der Wiener UnternehmerInnen es sich wünschen, dann werden wir bald das ganze Jahr in Schanigärten sitzen. Denn was ist schon gutes Wetter? Gutes Wetter ist relativ. Gutes Wetter ist eine Frage der Ausstattung. Davon lebt die Outdoor-Industrie, davon profitieren die Hersteller von Decken und Plaids. Und auch die von Heiz-Pilzen, über die es, wenn die Wintersperre fällt, schon demnächst eine heiße Debatte geben wird. Ja oder nein? Gut oder Klimakiller? Klimakiller natürlich. Höchste Zeit, den umweltfreundlichen solarbetriebenen Heiz-Pilz zu erfinden: speichern im Sommer, heizen im Winter. Ich bin keine Ingenieurin, aber: Das kann doch nicht so schwer sein. Oder?

Frühling wird’s, die Schanigärten sprießen aus allen Gehsteigen. Mögen sie diesmal von Dauer sein.