Schuldumkehr
Von Doris Knecht
Mit 250 Misshandlungsfällen war die Wiener Polizei letztes Jahr konfrontiert
über Misshandlungsfälle der Polizei
Diese Woche ist in den Medien eine Geschichte über eine Frau zu lesen, die einen beängstigt: Was der 47-jährigen Wiener Unternehmerin passiert ist, kann in Wien jedem passieren. Die Frau war in der Silvesternacht angeheitert in eine Tankstelle in der Nähe ihrer Wohnung gegangen und hatte dort Brot gekauft: zu Fuß, ihr Auto parkte in einer Garage. Ein paar Polizistinnen standen bei der Tankstelle, die Frau unterhielt sich mit ihnen und dürfte dann, nicht mehr hundertprozentig trittsicher, einer Polizistin etwas zu nahe gekommen sein.
Ein paar Stunden später lag sie im AKH, das schwere Verletzungen dokumentierte: Ein Bruch des Steißbeins, Blutergüsse am Auge, an beiden Handgelenken und an beiden Schultern und an den Schienbeinen, Prellung des Schädels und beider Knie, Hautabschürfungen am rechten Unterarm, Hämatome unter den Augen.
Die Frau zeigte die Wiener Polizei wegen Misshandlung an, mit dem Ergebnis, dass nun ein Gerichtsverfahren nicht gegen die Polizei, sondern gegen die Frau ansteht: wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.
Was bei der Beweisaufnahme zu diesem Verfahren übersehen wurde: ein Überwachungsvideo der Tankstelle (hier zum Bericht): Es ist deutlich erkennbar, dass die Frau keinerlei Widerstand leistet, sie hat ihre Hände defensiv in der Luft, während immer mehr Polizisten auf sie zudrängen und sie dann neben einem Einsatzwagen zu Boden drücken. Was dort im Dunkeln geschieht, kann man nur mehr erahnen: Florian Klenk beschreibt es im Falter detailliert, und es ist erschreckend.
Das ORF-Magazin "Thema" berichtete am Montag von einem Wirtschaftsstudenten, dem Ähnliches passierte. Es sind keine Einzelfälle: Mit 250 Misshandlungsfällen, so "Thema", war die Wiener Polizei letztes Jahr konfrontiert – kein Polizist sei verurteilt worden. Auf Drängen des Falter sah sich die Staatsanwaltschaft das Video jetzt an: der Prozess gegen die Frau wurde bis auf Weiteres vertagt.
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