Meinung/Kolumnen/Knecht

Schlechtes Wetter gibt es nicht

Lasset uns loben die unvergleichliche kühle Klarheit der Luft!

Doris Knecht
über das Wetter

Erbitterte Leserproteste veranlassen mich, das Thema Wetter noch einmal aufzugreifen. Erstens informiert Leser Walter L., dass die Amseln und die anderen Singvögel keineswegs „unfassbar fett“ seien, wie ich fälschlicherweise behauptet habe, sondern nur aufgeplustert gegen die Kälte.

Auch Leserin Brigitte L. „reicht’s“. Ich sei in meiner Kolumne „wiederholt in unverantwortlicher Weise über das heurige Osterwetter hergezogen“ und hätte „dessen Unerträglichkeit hervorgehoben.“ Das sei ihr jetzt zu viel. Sie verstehe unter Qualitätsjournalismus „hin und wieder, vielleicht auch auf humorvolle Weise, wachzurütteln und eventuell Selbstgestaltungsmöglichkeiten einfließen zu lassen, anstatt das notorische Krankjammern und damit fatalistisches Denken noch zu verstärken.“

Ihre Autorin, die sich eigentlich als entschlossene Optimistin und unbeirrte Positiv-Denkerin versteht, nimmt es sich zu Herzen, dass das unter ihrer winterlich-depressiven Verstimmung offenbar dachlawinenartig verschütt gegangen ist. Und wird sich künftig redlich bemühen, dem Wetter, sei es wie es wolle, tüchtig Positives abzugewinnen.

Also: Lasset uns loben die unvergleichliche kühle Klarheit der Luft! Lasset uns das reine Weiß, das uns der Himmel täglich schenkt, wie Manna empfangen! Lasset uns von der Freude der Kinder, die Iglus gegen das erfrischende Beißen des Windes bauen, das Herz erwärmen! Lasset uns die Schönheit der glitzernden Eiszapfen und des zarten Nebels unseres Atems preisen! Lasset uns jeden Sonnenstrahl, der uns beschert wird, mit einem glückvollen Jauchzen begrüßen!

Lasset uns die schönen, vereisten Lachen anlachen! Und lasset uns die Frische des Frostes in unserer Erinnerung bewahren, denn bald, wenn die Sonne mit Dutzenden Graden auf uns niederbrennt, werden wir sie wieder raunzend vermissen. Es gibt kein schlechtes Wetter, nur eine schlechte Einstellung dazu. Plus: Das Gute am Wetter ist, dass niemand in der Nähe ein besseres hat. Das ist gerecht und egalisierend. Ja. Alles ist gut.