Im Interpretationsspielraum
Von Doris Knecht
Mehrspurige Fahrräder und solche mit Anhängern sind nicht mehr auf die Radwege beschränkt.
über die neuen Radverkehrsregeln
Auch wenn es für immer mehr Radfahrerinnen und Radfahrer, die auch im Winter fahren, keine typische Radsaison mehr gibt: Rechtzeitig zum Frühling treten die neuen Radverkehrsregeln in Kraft. Mit einigen Änderungen, so darf man, wie auch im Auto, künftig nur mit einer Freisprech-Einrichtung telefonieren. Eine für einen Großteil der RadfahrerInnen irrelevante neue Regel, denn wer ein bissl Grips im Schädel hatte, ließ beim Pedalen auch bisher schon das Handy in der Tasche. Wer nicht, sollte jetzt mit Strafe rechnen.
Auch neu die blauen, eckigen Schilder, deren Form kein Design-Statement, sondern von Bedeutung ist: Ein Radweg, der mit einem derartigen Schild gekennzeichnet ist, darf benutzt werden, muss aber nicht. Ist das Schild rund, herrscht die alte Radwegbenutzungspflicht, ist es eckig, darf man auch daneben auf der Straße fahren. Meinungsverschiedenheiten wird es dagegen bei folgender Neuregelung geben: „Die Radwegbenutzungspflicht gilt auch dann nicht, wenn die Radfahranlage nicht gefahrlos befahren werden kann, etwa bei Schneelage oder bei schlechtem baulichen Zustand.“
Das bietet tüchtig Interpretationsspielraum. Denn was bedeutet „schlechter baulicher Zustand“ exakt? Prominentestes Beispiel für den miserablen baulichen Zustand eines Radwegs ist immer noch und immer wieder der Ring-Radweg, der teilweise als solcher nicht mehr zu erkennen ist, weil die Markierungen komplett abgefahren sind. Man darf gespannt sein, wie viele Radler ab morgen auf die Ring-Fahrbahn ausweichen.
Und was dann passiert. Ob sich die Wiener Autofahrerinnen und Autofahrer daran gewöhnen werden, nun auch diese Fahrbahn mit schwächeren – aber durchaus schnelleren – Verkehrsteilnehmern zu teilen. Denn auch mehrspurige Fahrräder und solche mit Anhängern – also auch Kinderanhängern – sind künftig nicht mehr auf die Radwege beschränkt. Mit Radlern aller Art ist also zu rechnen; ein bisschen mehr als bisher.