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Darf man das, tut man das?

Die Frage, was soll man, was soll man nicht, drängt sich, so scheint es, heutzutage öfter auf als früher

Doris Knecht
über die Darf-man-das?-Frage

Darf man das? Die Frage, was soll man, was soll man nicht, drängt sich, so scheint es, heutzutage öfter auf als früher. Oder: Sie wird einem mehr aufgedrängt. Rauchen, trinken, Frauen nachpfeifen, Tiere essen: Soll man, soll man nicht? Und: Darüber reden und schreiben oder nicht? Weil ja jeder Kommentar immer auch die Haltung und die Vorlieben der Kommentierenden spiegelt und damit irgendwie zur Handlungsanleitung gerät.

Kritiker bemängeln, dass solche Kommentare deshalb stets auch die Freiheit des Menschen beschneiden, die Selbstverantwortlichkeit als solche ruinieren, moralischen Druck ausüben. Ja. Aber entstehen nicht genau daraus am Ende oft notwendige Umdenkprozesse, die klüger und die Welt vielleicht ein klitzekleines bisserl besser machen?

Die Darf-man-das?-Frage stellt sich aktuell auch im Zusammenhang mit einem Foto von drei Abgeordneten, die auf Solidaritätsbesuch in türkischen Kurdengebieten unterwegs sind. Das Foto zeigt Andreas Schieder (SPÖ), Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) und Berivan Aslan (Grüne). Sie stehen, wie man auf so einem Foto halt steht: etwas ungemütlich nebeneinander aufgereiht, Schieder und Pfurtscheller lächeln, wie man auf einem solchen Foto eben lächelt.

Allerdings sieht man im Hintergrund nicht irgendeine Sehenswürdigkeit, sondern den Kriegsschauplatz Kobane, aus dem Rauch aufsteigt. Das Foto hat im Netz einige Diskussionen ausgelöst: Darf, tut man das?

In dem spannenden, aber überbewerteten neuen David-Fincher-Film "Gone Girl", gibt es auch so eine Szene: Ben Affleck steht nach einer Pressekonferenz vor dem Vermisst-Plakat mit seiner verschwundenen Frau und setzt, als sich vor ihm ein Fotograf aufbaut, ganz automatisch das übliche Foto-Lächeln auf. Was später den Verdacht erhärtet, er habe etwas mit dem Verschwinden seiner Frau zu tun.

Macht das Lächeln der Abgeordneten ihre gute Absicht zunichte? Nein. Der Eindruck der Gleichgültigkeit, der ungewollt entsteht, ist trotzdem unschön.