Kein Richter für den Buchstaben F
Von Doris Knecht
A m Freitag wurde in dieser Kolumne ein bissl geheult: vor dem TV, in dem "Am Schauplatz" lief. Es ging um zwei Familien, denen aus verschiedenen Gründen, von denen keiner mit Gewalt oder Missbrauch zu tun hatte, die Kinder abgenommen worden waren. Und obwohl sie die Probleme, die zur Abnahme geführt haben, jetzt im Griff haben, bekommen sie sie nicht zurück.
Das hat einige JugendsozialarbeiterInnen sehr empört: "Eine Kindesabnahme erfolgt nicht einfach so, weil es der zuständigen Sozialarbeiterin gerade sinnvoll erscheint. Dem geht ein langer Prozess voraus, Arbeit mit der Familie, Arbeit mit den Kindern, Auflagen, Diskussionen", schreibt Heidi K., Jugendwohlfahrt-Mitarbeiterin. Gerlinde P., die 30 Jahre beim Jugendamt arbeitete, meint: "Im Normalfall ist gerade eine Unterbringung das Letzte, das das Jugendamt als Problemlösung anstrebt."
Das sei unwidersprochen, und es geht gar nicht darum, die Entscheidungen der Jugendsozialarbeiter zu kritisieren. Sondern um ein System, das es unmöglich macht, derartige Entscheidungen wieder rückgängig zu machen, wenn das zum Wohl und im Sinne der Kinder angebracht wäre. Wie im Fall der Eltern F., die ihre acht- und zwölfjährigen Kinder wieder daheim haben wollen, die seit mehr als vier Jahren im Heim leben müssen, weil die Familie damals Geldprobleme hatte und delogiert wurde.
Die F.s stellten jetzt vor Gericht einen Antrag und bekamen nach drei Monaten die Nachricht: Der Antrag wurde bisher nicht bearbeitet. Warum? Weil es für den Buchstaben F. derzeit keinen zuständigen Richter gebe. Was bedeutet, dass die Kinder mindestens ein weiteres Jahr länger im Heim leben müssen. Ein ganzes Jahr Kindheit, verloren an die Bürokratie. Heul.