Kann ja mal passieren
Von Doris Knecht
Zu 24 Monaten teilbedingter Haft, 8 Monate davon unbedingt, war ein Salzburger Hundetrainer rechtskräftig verurteilt worden, der ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigt hatte: mehrfach.
Zum Glück für den Mann fand sich ein Richter, der das nicht so schlimm findet und die Strafe Anfang 2012 auf sechs Monate herabsetzte. Und zwar mit der Begründung, das alles liege schon zu lange zurück: Tatsächlich geschah die Tat 2007, also vor fünf Jahren. Aha. Interessant. Steuerunterlagen muss man sieben Jahre aufbewahren, damit das Finanzamt eventuelle Hinterziehungen verfolgen kann. Vergewaltigungen verjähren nach zehn Jahren (Deutschland: 20 Jahre), eine Vergewaltigung gilt hierzulande aber offenbar schon nach fünf Jahren nicht mehr als so arges Delikt, dass man dafür die volle Strafe absitzen muss. Bzw., man muss gar nicht ins Gefängnis: Der Mann bekam nun eine Fußfessel bewilligt und darf zu Hause bleiben.
Das ist empörend, nicht nur für das traumatisierte Opfer, sondern für den Rechtsstaat. Wieder einmal wird suggeriert, dass Vergewaltigung kein richtig schlimmes Verbrechen, sondern ein nicht sehr nettes Kavaliersdelikt sei, das einem richtigen, voll im Saft stehenden Mann halt einmal passieren kann. Die Fußfessel-Entscheidung der Vollzugskammer Linz hat somit auch verheerende symbolische Kraft, denn sie signalisiert, dass es übertrieben ist, einen Mann für dieses offenbar minderschwere Vergehen gleich ins Gefängnis zu stecken.
Für Gewaltverbrechen sollte die Fußfessel ausgeschlossen sein. Aber wieder einmal wird sexuelle Gewalt verharmlost, wieder einmal werden ihre Opfer verhöhnt. Vergewaltigung? Ach, so böse ist das nun auch wieder nicht.