Jetzt wird alles ordentlich
Von Doris Knecht
Marie Kondo sieht schon so schön ordentlich aus: Fast immer sauber in Weiß oder Schwarz gekleidet, schnurgerade Stirnfransen. Die Frau ist 30, ein Alter, in dem andere Menschen gerade damit beginnen, einen adoleszenten allmählich in einen erwachsen-bürgerlichen Lebensstil zu verwandeln. Während die Japanerin Kondo sich bereits Mitte 20 selbst zur Queen des Aufräumens und Ausmistens krönte, mit ihrem Buch "Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert". Das sich erst in Japan und dann auf der ganzen Welt millionenfach verkaufte.
Und weil das neue Jahr gerade angefangen hat, taucht diese Frau dieser Tage ständig in meiner Time-Line auf, denn ausmisten, Ballast abwerfen, Ordnung schaffen pickt am Jahreswechsel wie gute Vorsätze, wie rauchen aufhören und laufen anfangen, jetzt aber regelmäßig, drei Mal die Woche Minimum.
Gemeinsam ist all dem der entschiedene Wille zur Selbstoptimierung, die Idee und der Wunsch, dass äußere Ordnung in gewisser Weise auch eine innere erzeuge und damit zur Selbstverbesserung führt. Was zudem einen Sieg verspricht, einen selbstdisziplinarischen, wenn man aufhört, Schlampigkeit als angeborenen Defekt zu betrachten und mit ihm den immer noch halb ausgepackten Koffer vom Weihnachtsbesuch: das kann man jetzt kondoisieren.
Kondo nämlich, das lässt sich aus den vielen Artikeln zum Thema destillieren, die einem derzeit unterkommen, empfiehlt, alles zu entsorgen, was keine Freude versprüht, angefangen bei der Kleidung, dann bei Büchern, Papieren, Krimskrams. Man darf bei der Kondoisierung des Haushalts auf keinen Fall der Familie erzählen, was man entsorgt; Widerstands-Gefahr. Und man muss für jedes Ding, das man in den Haushalt einschleppt, eines entfernen, sich also schon beim Erwerb fragen, welches alte Teil dafür gehen muss.
Ein altes, trauriges Buch zum Beispiel, denn den Kondo-Ratgeber muss ich ganz dringend studieren. Alles wird ordentlicher im neuen Jahr, doch, gewiss.