Meinung/Kolumnen/Knecht

Vernünftig unvernünftig

Wäre die Welt besser ohne Käsekrainer?

Doris Knecht
über Vernunft und gutes Leben

Ein Kollege hat etwas zur gestrigen Kolumne angemerkt, besser zum Schlusssatz, man müsse Kindern beibringen, wie man gut und vernünftig lebt. "Warum", fragt der Kollege, "muss man gut und vernünftig leben? Ich finde gut und unvernünftig mindestens so interessant." Das Leben sei doch nicht, wendet er ein, ausschließlich dazu da, gesund zu leben.

Eh. Absolut. Die Entscheidung, ungesund und unvernünftig zu leben, sollte allerdings tatsächlich eine solche sein: Und eine Entscheidung zwischen zwei oder mehreren Lebensstilen lässt sich nur treffen, wenn man die auch kennt. Die Entscheidung für ein ungesundes Leben ist keine, wenn man nie eine Alternative dazu gesehen, erlebt oder beigebracht bekommen hat. Dann ist es Geworfenheit, Alternativ- und Chancenlosigkeit, ein vorgezeichneter Weg, ein unentrinnbares Schicksal. Und genau das müssen wir verhindern: dass Kinder zu kranken, übergewichtigen Erwachsenen werden, weil sie nichts anderes kennen, weil sie erfahren haben und glauben, dass es so sein muss und es keine Alternative gibt zu diesem Leben, dieser Art der Ernährung. Und daran ändert das Verbot bestimmter ungesunder Lebensmittel oder Inhaltsstoffe überhaupt nichts. (Auch wenn Gifte in der Nahrung natürlich verboten und geächtet gehören.)

Erklären wir’s am Beispiel Käsekrainer. Die Käsekrainer ist ein durch und durch ungesundes Nahrungsmittel, viel zu viel Fett. Lebte die Menschheit gesünder, wenn man die Käsekrainer also verbieten würde? Im Großen und Ganzen gesehen: nein. Wäre die Welt besser ohne Käsekrainer? Im Gegenteil. Soll man also jeden Tag zehn Käsekrainer essen? Lieber nicht. Ist es dann gesünder, nie eine zu essen? Gott bewahre, denn es gibt Momente (meistens nächtliche), in denen nichts glücklicher macht als eine dampfende, fettige Wurst mit leicht angebrannten Stellen, aus der heißer Käse quillt. Sich so ein Glück zu versagen: unvernünftig, und ungesund; sehr ungesund.