Jetzt erst Knecht: Vergessen, vaule Mutter!
Von Doris Knecht
Kürzlich, nach einer Kolumne über eher unordentliche Wohnungen, hat mir Leserin O. geschrieben. Bei ihr daheim sähe es nämlich genau so aus: Sie und ihr Mann dächten auch immer ans Renovieren, verschöben den Plan dann aber immer um ein paar Jahre: Sie haben Drillinge und noch ein Kind dazu. Wahnsinn. Ich kenne Mütter und Väter, denen schon zwei Kinder für endloses Gestöhn im Alltag reichen. Und um alles zu übersehen oder zu verlegen: Schularbeiten-Termine, die Zettel, auf denen diese Termine aufgelistet sind, Hort-Ausflüge, Klassen-Keksback-Tage, das Laternenfest, Elternabende, Frühstück, schulautonome Tage. Wie tut man da mit drei, vier, fünf Kindern? Ich bewundere das, ich habe tiefen Respekt. Unsereiner dagegen ist ein schlechtes Gewissen auf zwei Beinen, wenn das Kind schon wieder das Abendessen mit den Worten eröffnet: "Ich hätte heute ein Buch-Referat gehabt, aber du hast es vergessen." In anderen Worten: Du bist schuld, du schlechte Mutter. Ja, ich geb's eh zu! Meinereine wird ständig von diesen roten, durchgestrichenen Vs angebrüllt, die in den Heften der Kinder neben fehlenden Unterschriften prangen. Was heißt das eigentlich genau? Vergessen, vehlt schon wieder, vaule Mutter, Versagerin? Und von mehrzeiligen Eintragungen im Mitteilungsheft, die gerne die Wortkombination "hat schon wieder nicht" enthalten. Wie machen das andere Eltern? Gibt's da Volkshochschulkurse? Psychotherapeutische Charakter-Optimierungsprogramme, irgendetwas? Leserin Ulrike P. schrieb mir kürzlich, wir berufstätigen Mütter sollten endlich aufhören, wegen allem ein schlechtes Gewissen zu haben. Das stimmt schon. Bloß wie?