Meinung/Kolumnen/Knecht

Like a natural Woman

Wie im Pop geht es auch nicht um Authentizität, sondern um Inszenierung.

Doris Knecht
über Conchita Wurst

Zu den Amadeus-Awards gäbe es alles mögliche zu bemerken, aber das überlasse ich den Musikkritikerinnen. Zum Beispiel, apropos - innen, dass dort heuer keine einzige Frau ausgezeichnet wurde. Aber das liegt vermutlich daran, dass es in Österreich keine Frauen gibt, die Popmusik machen ... Ach, doch? So viele gar? Und so relevante? Aha. Und stimmt ja, Conchita Wurst bekam, obwohl sie im letzten Jahr gar kein Album veröffentlichte, drei Preise.

Das ist vielleicht ein Problem der bezaubernden Conchita. Ein Problem, für das Conchita, die jeden Award verdient, allerdings nichts kann: Dass ausgerechnet sie nun als sogenannte Alibi- oder Quotenfrau herhalten muss und verdecken und vergessen lassen soll, dass andere Künstlerinnen bei dieser und anderer Gelegenheit immer wieder ignoriert werden.

Kürzlich hatte ich eine ziemliche laute Auseinandersetzung mit einer Freundin, die kritisierte, Conchita strapaziere mit ihrem Aussehen und Auftreten ein überholtes und rückschrittliches Ideal von Weiblichkeit. Da ist natürlich etwas dran: Die Frau, die Conchita darstellt, kommt in unserem großen und durchaus vielfältigen Freundeskreis nicht vor.

Allerdings ist Conchita auch keine Alltags-, sondern eine Bühnen-Frau: Diese Haare, diese Wimpern, dieses Make-up, diese Roben gehen nur beim Opernball oder auf einer richtigen Bühne. Und in der Travestie, in der es nun einmal darum geht, den größtmöglichen Gegensatz zum Normcore-Mann herzustellen – und das ist nun einmal nicht die Normcore-Frau. Aber wie im Pop geht es auch nicht um Authentizität, sondern um Inszenierung.

Dennoch: Als hätte uns Conchita unerkannt am Nebentisch belauscht, hatte sie gerade bei den Amadeus-Awards eine in diesem Zusammenhang zentrale und wichtige Kleinigkeit verändert: Denn sie erschien ohne ihre sonst übliche künstliche Oberweite. Sie versuchte nicht, das glitzernde, weiße Träger-Kleid, das sie bei ihrem Auftritt trug, pseudo-weiblich auszufüllen. Und am Teppich trug sie Hosen: wie eine ganz normale Frau.