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Das beruhigt nicht

Die wären dann illegal wie Marihuana. Ein Fall für die Paradeiser-Polizei

Doris Knecht
über die EU-Saatgut-Verordnung

Weil einige Leute glauben, die Sache mit der EU-Saatgut-Verordnung sei ein Hoax, eine übers Netz verbreitete Falschmeldung: Nein, ist es nicht. Die EU plant wirklich eine Änderung der Saatgut-Verordnung, und ein Teil davon könnte sein, dass den Bauern, Gärtnerinnen und Privatpersonen vorgeschrieben wird, welches Saatgut sie verwenden dürfen. Und vor allem: Welches sie unter Strafe nicht anpflanzen und tauschen dürfen, was das Ende vieler alter Gemüse- und Getreidesorten bedeuten würde. Z. B. würden all jene lustigen und aromatischen Paradeiser erneut verschwinden, die es jetzt endlich wieder gibt. Die wären dann illegal wie Marihuana. Ein Fall für die Paradeiser-Polizei. Krank.

Die Sache ist so ernst, dass Landwirtschaftsminister Berlakovich und die deutsche Agrarministerin Aigner dazu Stellung nahmen. Berlakovich fordert, dass „die Neuregelungen weiterhin Freiraum für die Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen“ bieten. Aigner meinte u. a., zum Schutz der Vielfalt müssten „Gärtner und Züchter auch künftig ohne Einschränkung anbauen können“.

Das beruhigt keineswegs. Im Gegenteil: Freiraum bieten und Gärtner und Züchter, was bedeutet das? Es bedeutet: Bauern nicht. Die Landwirtschaftsminister halten es für vertretbar, zwar nicht den Züchtern und Gärtnern, aber den Bauern künftig bestimmte Sorten Saatgut zu verbieten und andere vorzuschreiben. Die EU bestimmen zu lassen, welche Sorten Getreide und Gemüse sie künftig noch anbauen und verkaufen dürfen, und welche anderen von den Feldern, von den Märkten und aus den Supermärkten in Zukunft verschwinden werden. Was heißt das zum Beispiel für die österreichischen Bio-Bauern, wenn ihnen die EU verbietet, ihr eigenes Saatgut weiterzuverwenden und mit andern Bauern und Gärtnern zu tauschen?

Wie sehr die Menschen das nicht wollen, zeigt der Erfolg der Global-2000/Arche-Noah-Petition www.freievielfalt.at: Die Zahl der Unterzeichner gegen die Saatgutverordnung bewegt sich zügig auf die 100.000 zu. Weil es wirklich ernst ist.