Hooligans wie du und ich
Von Doris Knecht
Immer wieder bekomme ich Mails, in denen mich Leserinnen und Leser auffordern, in einer meiner zahlreichen Kolumnen zum Thema Radfahren doch bitte endlich auch einmal zu erwähnen, wie schrecklich rücksichtslos manche Radfahrer seien.
Das ist insofern überraschend, als ich seit zirka 1923 nicht eine Fahrradkolumne veröffentlicht habe, in der ich nicht explizit darauf hingewiesen habe, dass es auch rabiate, bösartige höchst gesetzesuntreue Pedalisten gibt, die für ihr Verhalten ordentlich abgestraft gehören. Aber irgendwie scheint meine Leserschaft einfach anzunehmen, dass ich als Radfahrerin meine Mitradler ganz generell idealisiere und sie in günstigstes Licht stelle. Nein. Nein!
Was in diesem Kontext auffällt: Dass man von gewissen Bevölkerungs- und Berufsgruppen erwartet, dass sie bessere Menschen seien als andere und moralisch höherwertig handeln. LehrerInnen gehören dazu, Priester, Feuerwehrleute, Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal. Und offenbar auch RadfahrerInnen, weil hier eine sehr vorgestrige Idee immer noch zu greifen scheint: Dass man offenbar annimmt, dass Bewegung an frischer Luft ohne Einsatz von umweltschädlichen Energien den Menschen automatisch zu einem besseren machen: So wie die oben genannten Heiler und Helfer, was ja noch verständlich ist. Wenn sich dann ausgerechnet die als moralisch durch- bis unterdurchschnittlich erweisen, wie der Rest der Menschheit auch, ist das offenbar besonders enttäuschend.
Von Fußballfans dagegen erwartet man derlei eher nicht und nimmt es deshalb ziemlich gelassen hin, wenn Hooligans am Rande der EM durch Innenstädte randalieren. Die sind halt so, tja. Würde ich jetzt auch nicht so generalisieren, aber.