Hausübung verboten
Von Doris Knecht
Der neue französische Präsident will das Bildungssystem reformieren. Als wichtigste Maßnahme plant er die Abschaffung von Hausaufgaben. Nein, mehr noch: ihr Verbot.
Keine Hausübungen mehr: Das ist für Eltern als auch für Schulkinder praktisch unvorstellbar. Und für Pädagogen vermutlich erst recht: Denn wenn nicht mehr die Eltern – oder die von ihnen bezahlten Hortpädagoginnen und Privatlehrer – einen Teil der Bildung der Kinder in Form von Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe übernehmen, bleibt die gesamte Bildungsverantwortung innerhalb der Schule.
Hollandes Argumente sind stichhaltig: Hausaufgaben schaffen ein Zwei-Klassen-Bildungssystem, das solche Kinder bevorzugt, deren Eltern über die zeitlichen, intellektuellen, sprachlichen und finanziellen Mittel verfügen, sich um die Förderung ihrer Kinder kümmern zu können. Haben sie das nicht, muss das Kind selber schauen, wie es weiterkommt: was natürlich vor allem ärmere Kinder und solche mit Migrationshintergrund benachteiligt, deren Eltern oft nicht einmal die Sprache beherrschen.
Wieder stellt sich hier die Grundsatzfrage: Ist die Bildung der Kinder eine Aufgabe der Eltern oder des Staates? Wie viel Verantwortung dürfen Eltern an die Schule abgeben, und mehr noch: Wie viel Verantwortung dürfen ein öffentliches Bildungssystem, Schulen und LehrerInnen zurückweisen? Das ist natürlich auch eine Frage des Budgets, und Hollande tut etwas, was bei uns unvorstellbar ist: Er will nicht an der Bildung sparen, sondern viel Geld in die Hand nehmen. Um allen Schulkindern Frankreichs die bestmögliche Bildung zu garantieren: Das sollte Schule machen.