Feiern wir doch einmal ganz anders
Von Doris Knecht
Sie schenken einem vielleicht zum sechzigsten oder siebzigsten Geburtstag einen Mähroboter
über den Muttertag
Eine Freundin postete gestern auf Facebook ein unscharfes Foto ihres kleinen Sohnes im Gegenlicht der Abendsonne und schrieb dazu: " Muttertag ist, wenn man das Kind sieht, fühlt und beobachtet, und dabei denkt: ich möchte absolut nichts an ihm verändern." Gänsehaut. Das ist richtig schön, besonders auch für das Kind, das so eine Mutter hat. Andere Mütter fänden, soweit ich weiß, kleine Veränderungen an ihrem Nachwuchs durchaus vorstellbar, etwa kleine Details in ihren Zeugnissen, oder in engagierten Debatten z. B. zu den Themen Klima versus Mode und Mithilfe im Haushalt. Oder wenn sie beim Betreten eines Jugendzimmers von Olfaktorik oder angewandter innerer Äshetik an den Rande einer Ohnmacht gedrängt werden.
Aber! Böse Undankbarkeit! Wir wollen dankbar sein. Und ja, zelebrieren wir den Muttertag doch ausnahmsweise einmal. Und wenn eh schon seit Jahren keine Gedichte mehr vorgetragen (das letzte, an das ich mich erinnern kann, fing mit "Liebste Mutter" an und schloss mit "aber ich hab’s auch nicht immer leicht mit dir." Das war zumindest wahrhaftig.) und nichts Selbstgebasteltes mehr überreicht wird, feiern wir doch einfach selbst.
Feiern wir, wie herrlich es ist, Mutter zu sein. Erinnern uns an den Eintritt des Fortpflanzes ((c) Polly Adler) in unser Leben: Wie unfassbar süß und winzig sie sind, wenn sie auf die Welt kommen, und wie man sich die ersten paar Stunden, die sie da sind, überhaupt nicht vorstellen kann, dass so winzige süße Menschen einen so unendlich erschöpfen können. Das ändert sich bald. Feiern wir, wie glücklich sie einen machen, am glücklichsten, wenn sie friedlich schlafen. Wie sie einem nie den Rasen mähen, ("Sorry, Mutter, aber ich muss rüber zum Dings, wir veranstalten ein kleines YouTube-Festival. Nächstes Mal! Vielleicht."), aber sie schenken einem vielleicht zum sechzigsten oder siebzigsten Geburtstag einen Mähroboter, so wie wir unserer Mutter.
Wie sie einem jedes Jahr, jeden Monat und jeden Tag die Hoffnung zertreten, jetzt gleich – wenn sie erst drei, 12, 16 oder 22 sind – , werde die Elternschaft leichter /sorgloser/unanstrengender: Hahaha, träumt weiter, ihr Anfänger. Wie man sie so wahnsinnig liebt, egal, wie sehr sie einen ärgern oder wie weit weg sie sind: Feiern wir! Frohen Muttertag, ihr Mütter.