Meinung/Kolumnen/Knecht

Falsch machst du es sowieso

Immer macht man etwas falsch, immer. Nachdem ich letzte Woche die Vorteile des Ersteigerns alten Glumperts im Internet gepriesen hatte, legte mir ein Leser prompt nahe, doch bitte einmal über die Arbeitsbedingungen von Boten nachzudenken. Und wieder einmal Wallraff zu lesen, der in einer neueren Reportage deren miserable Arbeitsbedingungen offengelegt hat: Das würde vielleicht meinen Bestell- und Lieferrausch heilen.

Auch meine Kollegin Sibylle Hamann wies in einem Presse-Kommentar auf die Ausbeutung von Boten hin, und dass sie sich ein zwangsgeliefertes Handy deshalb lieber selber wo auch immer abholt hätte. Ja. Stimmt alles.

Nur wird es allmählich wirklich schwierig, es richtig zu machen, und zwar egal, was. Kauft man sich etwas Neues im Geschäft, ist es schlecht für die Umwelt, weil jeder Kauf neue Produktion nach sich zieht und damit das Klima belastet, plus man quält Arbeiterinnen und Arbeiter in Entwicklungsländern, die um Minilöhne unter unterirdischen Bedingungen Waren für die erste Welt herstellen. Ersteigert man im Internet etwas Altes, dessen Erwerb nicht irgendwo eine Erzeug-mich-noch-einmal-Computerspur nach sich zieht, hinterlässt man damit wegen des unvorstellbaren Strombedarfs der Server trotzdem einen riesigen ökologischen Fußabdruck und man beutet Kuriere aus.

Was einen zwangsläufig Reverend Billy Talen in die Arme treibt, der in seiner "Church of Stop Shopping" den aktuellen Kauf-nix-mehr-Trend predigt. Ja, der tut der Umwelt gut tut und schont Arbeitskräfte. Ist aber natürlich schlecht für die Wirtschaft, wenn keiner mehr etwas kauft, und zerstört Arbeitsplätze. Hmm. Egal, was man macht, es ist auf jeden Fall falsch.