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Einfach mal abschalten

Aber es gibt nicht nur keine Privatsphäre mehr, wie gestern hier beklagt: Es gibt auch keine Freizeit mehr, und keinen Feierabend. Und Ferien eigentlich auch nicht. Wie an Ersterem ist auch an Letzterem die moderne Kommunikationstechnologie schuld: Sie macht uns verfügbar überall und jederzeit, permanent ansprechbar, erlaubt konstanten Zugriff auf Information wie Informant. Früher konnte man z. B. beim Autofahren bissl abschalten, heute fischt, wie der KURIER gestern berichtete, die Polizei alle drei Minuten einen Handyfonierer ohne Freisprechanlage aus dem Verkehr.

In Deutschland werden nun neue Regeln für Feierabend, Wochenende und Urlaub debattiert. Regeln, die die veränderten Arbeitsbedingungen berücksichtigen und die Arbeitnehmern klare Abschalt-Rechte zusichern sollen: von Handys, Smartphones, Computern, Mailboxen.

Die verhindern sollen, dass der immerwährende Arbeitstag, die Sieben-Tage-Woche ohne Urlaubsanspruch zusehends zu einer reellen Selbstverständlichkeit werden, gegen die krisenbedrängte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keinerlei Handhabe mehr sehen: Denn hinter jedem am Wochenende unerreichbaren Mitarbeiter wartet schon ein erreichbarer, dem unaufhörliche Arbeit verlockender erscheint als keine Arbeit.

Hier will die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen ein gesetzliches Stoppschild aufstellen: Bis hierher geht Arbeit, und nicht weiter. Weil jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin ein Recht auf Ruhe hat, darauf, einen Teil der Existenz vollkommen unbehelligt von Arbeit und Beruf zu leben. Ein Recht auf einen Feierabend, ganz altmodisch, wie früher.