Eine Art gemeinsamer Flow
Von Doris Knecht
Es entsteht eine Art gemeinsamer Flow
über Tempo 30
Eine Geschichte auf ZEIT Online könnte auch die Wiener interessieren. Es geht um innerstädtisches Tempo 30, ein Thema, bei dem die Diskutanten auf beiden Seiten des Meinungsspektrums heiße Ohren bekommen. Der ZEIT-Artikel wirft in die Debatte ein paar Eiswürfel ein, in dem er die Situation in englischen Städten genauer beleuchtet, wo Tempo 30 (dort: 20 Miles per hour) seit Jahren getestet wird. Mit überraschenden Ergebnissen. Denn ja, die Fahrzeit verlängert sich: Allerdings tut sie das, auch in großflächigen Tempo-30-Bereichen, minimal: Durchschnittlich um 40 Sekunden.
Auch wenn in dem Bericht nicht definiert wird, wie lang genau eine „durchschnittliche Fahrzeit“ anzusetzen ist: 40 Sekunden sind überraschend wenig, selbst wenn man durchschnittlich nur fünf oder zehn Minuten unterwegs ist. Warum ist das so? Darum: Der Verkehrsfluss verbessert sich, wenn alle gemeinsam langsam fahren, es entsteht eine Art gemeinsamer Flow. Wohingegen es zu zeitfressenden Verzögerungen kommt, wenn der Verkehr einmal schneller und einmal langsamer läuft. Die Untersuchung zeigte noch mehr. Zum Beispiel: Tempo 30 macht die Städte nicht hörbar leiser – der Unterschied sei für das menschliche Ohr kaum zu bemerken.
Und auch was die Luftqualität betraf, ließen sich in England keine signifikanten Verbesserungen messen: Wenngleich angenommen wird, dass es sich langfristig positiv auswirkt, wenn aufgrund von Tempo 30 mehr Leute auf das Auto verzichten. Das tun sie übrigens nicht, weil das Autofahren durch Tempo 30 unattraktiver, sondern, weil zu Fuß gehen und Rad fahren attraktiver wurden: In Bristol, einer der Tempo-30-Städte, wird seither 23 Prozent mehr gegangen und 20 Prozent mehr geradelt. Auch dafür gibt es eine logische Erklärung: Wenn der Verkehr langsamer wird, fühlen sich die Verkehrsteilnehmer, die nicht von einer Blechhaut geschützt werden, sicherer. Bedenkenswert, allemal.