Die Stunde der Bürgermeister
Von Doris Knecht
Es ist die Stunde der beherzten Bürgermeister
über die Flüchtlingspolitik
Da, wo die große Politik versagt oder sich in ihren Defiziten verfängt, da muss die Regional- und Lokalpolitik einspringen. Wie in der Flüchtlingspolitik: Europa lässt Flüchtlinge an seinen Küsten ertrinken, eine gemeinsame, europäische Flüchtlingspolitik ist nicht erkennbar. Auch in Österreich versagt die nationale Asylpolitik: 170 Kriegsflüchtlinge kommen derzeit täglich über die Türkei nach Österreich, doch während Aufnahmestellen wie Traiskirchen völlig überbelegt sind, erfüllen sieben von neun Bundesländer ihre Asyl-Aufnahmequoten nicht und stellen nicht ausreichend Quartiere zur Verfügung.
Vor allem natürlich deshalb, weil man die Bevölkerung jener Ortschaften, in denen Flüchtlinge untergebracht werden sollen, nicht verschrecken will. Und weil man offenbar nicht in der Lage ist, einen von Angst und Vorurteilen geprägten Diskurs in ein konstruktives Gespräch darüber zu transformieren, was das für Leute sind, die jetzt in Österreich Schutz suchen: keine Verbrecher nämlich, auch keine Wirtschaftsflüchtlinge, sondern Familien, die ein erbarmungsloser Krieg aus ihrem Dasein gerissen hat, die alles verloren haben und aufgeben mussten, außer ihrem nackten Leben.
Aber ein paar couragierte Bürgermeister stemmen sich dem entgegen: In Wien werden, ohne lang zu fackeln, 600 neue Schlafplätze für Asylwerber geschaffen. Neudörfl im Burgenland nimmt 56 Flüchtlinge auf, weil der Bürgermeister sagt, er verliere "lieber ein paar Stimmen als mein Gesicht". Und in der oberösterreichischen 10.000-Einwohner-Gemeinde Altmünster gelingt es, wie der Falter berichtete, dem Bürgermeister gemeinsam mit dem Pfarrer, den Sturm der gegen ein Heim für 700 Flüchtlinge entfacht wurde, in einen Rückenwind zu verwandeln. Und die Stimmung in der Bevölkerung umzudrehen: Vor ein paar Wochen wurde Altmünster zum "Ort des Respekts" gekürt, es gab Solidaritäts- und Nachhaltigskeitspreise.
Es ist die Stunde der beherzten Bürgermeister; und es werden hoffentlich noch viel mehr.