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Dann fährt man nicht nach Sotschi

Endlich bekommt man, wenn man sich, auch in so einem Bereich, outet, dafür Respekt und Anerkennung.

Doris Knecht
über Homosexualität

Es war die Woche des Outings. Ein deutscher Ex-Nationalspieler (zum KURIER-Video: Hitzlsperger spricht über sein Outing) fing damit an, andere zogen nach. Das ist gut, einerseits: Endlich wird manifest, was eh logisch war: wenn zwischen vier und 17 Prozent der Bevölkerung dem gleichen Geschlecht zugeneigt sind, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass ganze Berufsgruppen davon völlig ausgenommen sind. Und endlich bekommt man, wenn man sich, auch in so einem Bereich, outet, dafür Respekt und Anerkennung.

Auf der anderen Seite zeigt es den Stand einer Gesellschaft, in der es immer noch notwendig ist, sich zu seiner Sexualität zu bekennen: Als sei es nicht in jeder Hinsicht und in jedem Beruf völlig einerlei, ob man lieber Männer mag oder Frauen. Aber natürlich ist es die Realität, die solche Schritte notwendig macht: weil real hetero- und homosexuelle Paare immer noch nicht gleichberechtigt sind. Beziehungsweise: Weil die Tatsache, dass man lesbisch oder schwul ist, in Deutschland, Teilen der USA und auch bei uns vielleicht wenigstens kein Problem mehr ist – in anderen Ländern allerdings schon. In Ländern zu denen wir gute Beziehungen pflegen. Besonders in dem Land, in dem demnächst die Olympischen Spiele stattfinden.

Wenn österreichischen Politikerinnen und Politiker die Entdiskriminierung von Homosexualität wirklich Ernst ist, dann tun sie zweierlei: Sie sorgen dafür, dass homo- und heterosexuelle Paare endlich vollkommen gleiche Rechte haben, vor dem Gesetz, vor dem Standesamt, bei Adoptionen und künstlicher Befruchtung. Und sie fahren nicht zu den Olympischen Spielen in einem Land, in dem es um die Menschenrechte derart bestellt ist, dass Demonstrieren ja eh erlaubt ist, aber halt nur in einem Park 12 Kilometer von Sotschi entfernt. In einem Land, in dem es verboten ist, vor Jugendlichen positiv über Homosexualität zu sprechen und wo die Kirche gerade wieder ein Referendum zum Verbot gleichgeschlechtlicher Liebe anregt.

Wir sind auf dem Weg; aber wir sind noch lange nicht dort.