Damals war das ein Todesurteil
Von Doris Knecht
Ich erinnere mich auch an eine Zeit, als die Infektion mit dem HI-Virus ein Todesurteil war.
über Charlie Sheens HIV-Outing
Nur ein paar Tage vor dem Welt-Aids-Tag hat der Schauspieler Charlie Sheen öffentlich erklärt, er sei mit dem HI-Virus infiziert. Sheen ist ein weltbekannter Hallodri, der eigenen Angaben zufolge sehr viel Sex mit sehr vielen Frauen hatte, plus Drogenprobleme, die heftig genug waren, dass er seinen Job in der Serie "Two and a Half Men" verlor. Als Reaktion bekam er wenig Mitgefühl und viel verständliche Empörung von Ex-Geliebten, die von Sheens Infektion nichts gewusst hatten. Sheen sagt allerdings, dass er selbst noch nicht so lange davon weiß.
Befremdlich war die Reaktion eines anderen Weltstars. Der Sänger Justin Bieber, der in der gleichen Show auftrat, in der Sheen zum ersten Mal öffentlich über seine Infektion sprach, erbat sich offenbar eine Garderobe in maximaler Entfernung von Sheens Garderobe.
Das zeigt, wie wichtig Aufklärung über HIV und Aids immer noch und immer wieder ist: 33 Jahre nach der Entdeckung des Virus wissen viele Leute nach wie vor nicht oder haben schon wieder vergessen, wie der HI-Virus übertragen wird. Und dass Aids noch immer eine tödliche Krankheit ist, auch wenn der Ausbruch verhindert werden kann.
Weil hier gestern an eine Zeit erinnert wurde, als man noch überall rauchen durfte: Ich erinnere mich auch an eine Zeit, als die Infektion mit dem HI-Virus ein Todesurteil war. Damals bedeutete die Diagnose, dass man mit Glück und guter medizinischer Betreuung vielleicht noch zehn Jahre zu leben hatte. Es bedeutete, dass man keine Zukunft hatte, dass man keine Pläne machen konnte, dass man nie Kinder haben würde. Wir waren jung, wir waren abenteuerlustig, es traf viele, die man kannte. Sie wurden krank, sie starben, sehr viele. Dann geschah ein Wunder, und es wurden Medikamente entwickelt, die den Ausbruch der Krankheit verhinderten.
Das sollten wir nicht vergessen. Und wenn ein Outing wie das von Charlie Sheen bewirkt, dass über HIV und Aids wieder gesprochen wird, dann ist das gut.