Blöde Mütter und andere Menschen
Von Doris Knecht
Ein Mail von Leserin Sylvia S. traf ein. Sie wollte bezüglich meiner Begeisterung über die SchülerInnen-Jahresnetzkarte wissen, ob es denn wirklich "soooo berichtenswert" sei, "dass eine Mutter jahrelang (!) zu blöd ist, rechtzeitig ein Formular abzugeben?" Und "unfähig 1 x im Monat eine Marke zu kaufen"? Die sei "wahrscheinlich irgendwo am Selbstverwirklichungstrip gestolpert" und habe sich "das Kopferl angehaut."
Sehr freundlich, Frau S., denn bei der blöden Mutter handelt es sich selbstverständlich um Ihre Kolumnistin. Und um ein paar ihrer Freundinnen, denen es ähnlich geht auf ihrem "Selbstverwirklichungstrip", den wir allerdings "volle Erwerbstätigkeit" zu nennen pflegen.
Wir arbeitenden Mütter sind nämlich alle hin und wieder überfordert. Denn jede von uns kann einiges, und keine von uns kann alles perfekt. Und wie all diese Mütter kann auch diese blöde Mutter hier ein paar Sachen ganz gut, ein paar andere nicht so gut und in manchen ist sie eine komplette Niete. Zum Beispiel in organisatorischen Dingen. Leider nimmt ihr das Organisatorische zu Hause dennoch keiner ab, deshalb kommt es zuweilen zu Pannen.
"Sehr vorbildlich für die Kinder, die doch zur Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Pünktlichkeit etc. erzogen werden sollen!", schreibt Frau S.
Ja: Unsere Kinder müssen mit der entsetzlichen Tatsache aufwachsen, dass ihre Mütter nicht vollkommen sind. Dass sie wie alle anderen Menschen Fehler machen. Dass sie manchmal überarbeitet und überfordert sind. Dass ihnen ihr Leben mit Kindern und Erwerbsarbeit, obwohl sie das genau so und nicht anders wollen, manchmal ein paar Zentimeter über den Kopf wächst. Und? Ja.