Biografie mit Extra
Von Doris Knecht
Zu Hause ist Vergangenheit auch gerade Thema: Der Nachwuchs möchte wissen, was man denn selber so gemacht hat, als man jung war. Und da gibt es – wo nicht? – schon ein paar Dinge, die man lieber fest verschlossen in der Kiste behalten möchte, soweit das möglich ist. Was beim Peckerl naturgemäß unmöglich ist. Immerhin: Es ist harmlos. Im Unterschied zu jenen von Evgeny Nikitin.
Auf der Brust des russischen Baritons prangt ein mehrfach übertätowiertes Bild, das auf früheren Aufnahmen deutlich als Hakenkreuz zu erkennen ist. Bayreuth hat Nikitin nun gefeuert. Der ehemalige Burgtheaterdirektor und jetzige Intendant der Staatsoper München, Nikolaus Bachler, hält das für überzogen.
Wie viel Vergangenheit darf man haben? Nicht nur als Sänger in der Hochkultur: auch als Politikerin, als Pädagoge, als Ärztin, als Mutter? Und: Wie geht man damit um? Es gibt Sachen, die nicht gehen: Wer sich kinderpornografischer oder Gewalt-Delikte an Frauen schuldig gemacht hat, der hat in der Pädagogik oder Seelsorge nichts verloren. Aber ein paar Drogenexperimente, origineller Sex im gegenseitigen Einverständnis mündiger Erwachsener, lustige Musikvideos, oage Haare, zügig bereute amouröse Entscheidungen, auch ideologische Ausrutscher: Das kommt in den besten Biografien vor. Dazu kann man stehen, oder davon kann man sich, wenn nötig, distanzieren.
Aber genau das hat man von Nikitin bisher nicht gehört: eine Erklärung, warum es zu dieser nicht eben kleinen Hakenkreuztätowierung auf seiner Brust gekommen ist. Vor allem aber: eine klare Distanzierung von nationalsozialistischer Ideologie. Solange die nicht erfolgt, wird das Hakenkreuz durchschimmern.