Atmen für Anfänger
Von Doris Knecht
Eine Freundin hat auf ihrem Smartphone eine App, die sie mit regelmäßigem Piepsen daran erinnert, dass sie Wasser trinken soll. Ich konnte das zuerst nicht glauben. Und ja, man soll über Dehydrierung keine Witze machen, und manche Leute vergessen übern Tag, genug zu trinken. Dennoch erfüllt mich der Umstand, dass es eine App gibt, die uns ans Trinken erinnert, mit Wehmut.
Plus: Es ist nicht eine App, es gibt Dutzende, und sie alle gemahnen auf unterschiedliche Weisen des offenbar leicht zu vergessenen Umstands, dass der menschliche Organismus zum Überleben ein gewisses Maß an Flüssigkeit braucht. Diese Apps verfügen über Tages- und Monats-Statistiken und unterschiedliche Alarmsysteme. Denn offensichtlich ist der Mensch nicht mehr in der Lage, simpelste Überlebens-Mechanismen ohne technische Hilfe zu bewältigen, und kann ein derart außergewöhnliches Gefühl wie "Durst" einfach nicht mehr unmissverständlich deuten. Diese Trockenheit in der Kehle, dieser klebrige Mundraum, dieser Drang, ein Glas Wasser an die Lippen zu setzen: Was ist das nur? Gut, dass wir alle ein Smartphone haben, denn das Smartphone weiß es: Das ist Durst! Du musst Wasser trinken, lieber User! Ah, danke liebe App, was täte ich nur ohne dich. Verdursten, richtig.
Aber es liegt gerade im Trend, dass man den Menschen die elementarsten Dinge wieder ganz von vorne beibringt. Eben hat Ariana Huffington, die Gründerin der Huffington Post, ein Buch veröffentlicht, das gewiss ein Bestseller wird: "The Sleep Revolution".
Darin geht es offenbar darum, dass der Mensch seinen Körper jede Nacht ein paar Stunden hinlegen und in Schlaf versetzen sollte, weil er sonst keine Leistung mehr bringt und auf Dauer kaputt wird. Danke, Frau Huffington, das ist in vielerlei Hinsicht inspirierend. Unter anderem zu weiteren Ratgebern. Vielleicht "Die Atem-Offenbarung: Wie wir durch regelmäßiges Luftholen unsere Überlebenschancen optimieren". Wird ein Bestseller, garantiert.