Apropos hoffen

Ich sage Ihnen etwas, gleich nach dem Wählen stelle ich jetzt endlich die Paradeiser hinaus. Das Kasserol, in dem sie im Warmen stehen, wird für ein Bratl gebraucht. Außerdem kann jetzt definitiv nichts mehr kommen, nachdem die Eisheiligen ihren Job nun wirklich tadellos gemacht haben, kühl kalkuliert, kalt durchexerziert. Immerhin: Es überlebten trotz Nässe und Kälte die meisten der Paradeiser vom Nachbarn, der die bemitleidenswerten Jung-Pflanzen ja schon am 1. Mai kühn vors Haus gestellt hat: unter dem fröhlichen Gelächter der dort täglich mehrmals vorbeispazierenden anderen Nachbarn.

Die nicken nun wieder respektvoll, denn die Paradeiser sind, ich habe sie eben gerade inspiziert, in erstaunlich gutem Zustand und nur an manchen Spitzen leicht angefröstelt. Es war ein mutiger, verwegener Schritt für den Nachbarn, der folglich mit geschwellter Brust auf dem Bankerl an der warmen Hauswand sitzt, seine zwei Dutzend Paradeiserchen bewundert und das Glück noch nicht fassen kann, dass er für seinen Übermut weder von den vier eisigen Herren, noch von der kalten Sophie bestraft wurde.

Das sei ihm von Herzen gegönnt, auch wenn man, zugegeben, darauf eingestellt war, mit einem Quantum Trost vorbeizuschauen. Wobei: das letzte Wort ist noch lange nicht gesprochen, die Folgen der brutalen Früh-Freisetzung sind natürlich bislang nicht abschätzbar, und es ist durchaus möglich, dass des Nachbars Erbarmungslosigkeit schwere Entwicklungsschäden verursacht hat, die noch zu beobachten sein werden, wenn die ersten Ochsenherz-Paradeiser, Amateurs Träume, die Kremser Perlen, die Ananas, die Feuerwerk und die Golden Victory mit einer Kugel Büffel-Mozarella und ordentlich Olivenöl angemacht werden. Bald, hoffentlich.

Hoffen wir, apropos, dass auch das neu gewählte EU-Parlament Europa als Kontinent der Unterschiedlichkeit begreift und der gemeinsam gelebten Vielfalt. Auch der Paradeiser-Sortenvielfalt.