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235-Jährige

In ORFeins sagte eine nicht mehr ganz junge Moderatorin (der Zusammenhang tut hier nichts zur Sache): "Da werden Erinnerungen an das Jahr 1777 wach." Jessas, 1777! Die erste Liebe; ein Fass Bier mit Mozart; ein Streitgespräch mit Goethe, der sich nicht davon abbringen ließ, dass es IM, nicht AM Arsche lecken heißt. Ein sturer Kerl. Nicht einmal eine Pfeife durfte man sich in seiner Gegenwart anzünden. Die jungen Leute, also diejenigen, die so um den Ersten Weltkrieg geboren worden sind, können da nicht mitreden. Die wissen erst wenig vom Leben. Die kennen sich ja nicht einmal in ihrer Zeit aus. In einer ORF-Quizsendung wurde eine Kandidatin kürzlich gefragt, welcher Fußballer in UEFA-Spielen die allermeisten Tore geschossen hat. "Michel Piccoli", hat sie mit sicherer Stimme geantwortet. Und im Radio hat anlässlich der Fußball-EM (wieder einmal) ein Sportreporter von der "Tschechei" gesprochen. Dieser Name war bei den Nazis sehr beliebt. Wer heute "Tschechei" sagt, ist entweder ein Ewiggestriger und will provozieren oder ahnungslos (und findet dann wohl auch nichts dabei, den NS-Jargon "durch den Rost fallen" zu verwenden). Die 235-Jährigen sind nicht so vergesslich.