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We Are Family

Was mich an der Ski-Familie Simari Birkner so begeistert und verblüfft.

Hubertus Hohenlohe
über eine Ski-Familie

Noch nie sind bei einer Ski-Weltmeisterschaft vier Geschwister zusammen an den Start gegangen. Hier in Vail/ Beaver Creek ist es so weit: Angelica, das Küken der Simari Birkners, gibt ihr WM-Debüt und so müssen Teresita und Mario, die Eltern dieses Ski-Clans aus Bariloche am Fuße der Anden, noch mehr herumhuschen, um ihren Nachwuchs so halbwegs gute Trainingsmöglichkeiten, ein optimales Skiservice oder das Fitnessprogramm zu organisieren.

Die Birkners gibt es schon seit den 80er-Jahren. Mit mir fuhr seinerzeit ein gewisser Georgie in Crans Montana und Calgary um die Wette. Seit ich mich erinnern kann ist irgendwie irgendwo immer irgendein Birkner am Start. Simari kam dann später dazu. Und wenn ich mir diesen Stammbaum so ansehe und das wunderbare Bariloche nicht von einem Tsunami zerstört wird, werden wahrscheinlich auch 2026 noch irgendwelche Simari Birkners am Start von Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften sein.

Ewiger Winter

Man muss sich das einmal vorstellen: Diese armen Kinder haben ihr Lebtag lang keinen Sommer miterleben dürfen. Sie jetten praktisch immerzu von Winter zu Winter. Im südamerikanischen Sommer starten sie bei allen nur erdenklichen Welt-, Europacup oder FIS-Rennen, und wenn Ende April die Saison dann langsam zu Ende geht, fliegen sie in ihr geliebtes Argentinien zurück, wo sie der Herbst schon in Empfang nimmt. Es dauert dann keinen Monat mehr, bis sie der argentinische Winter in Patagonien wieder fest im Griff hat.

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Die Birkners sind semiprofessionelle Skifahrer. Sie sind so gut, dass sie für einen anderen Job nicht genug Zeit haben würden. Aber sie sind nicht gut genug, um vom Skifahren tatsächlich leben zu können. Obwohl ich sie jetzt schon sehr gut kenne, traue ich mich nie zu fragen, wie sie sich das Ganze eigentlich finanzieren. Auch deshalb nicht, weil ich weiß, dass der argentinische Verband mit der Familie im konstanten Clinch liegt und ihnen jegliche Unterstützung untersagt wird.

Ewiger Kampf

Der Neid ging letzte Saison sogar so weit, dass angeblich in Argentinien bei FIS-Rennen die Zeiten von anderen Läufern manipuliert wurden, um diese dann für die Olympischen Spiele in Sotschi zu nominieren. Der Fall wurde sogar dem Obersten Sportgericht CAS vorgelegt, der sich aber nicht für zuständig erklärte.

Es war im Jahr 1999, als ich Christian und Macarena in Vail traf und mir dachte, dass ich mich von meiner wohltätigen Seite zeigen müsste. Ich habe ihnen angeboten, für sie Kappa als Ausrüster zu akquirieren, und seit damals sind zuerst zwei, später dann drei, und jetzt schließlich alle Simari Birkner-Geschwister in punkto Mode eine echte Augenweide und eine farbenfrohe Belebung jeder Großveranstaltung (siehe Foto).

Ewige Herausforderung

Von den Resultaten her hat sich aber leider nicht viel geändert, und das stimmt mich dann doch eher traurig. Weil die Simari Birkners, ganz im Gegensatz zu meinem leichtsinnigen bis hochstaplerischen Ansatz, den Rennsport zu betreiben, die Sache doch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit betreiben und eigentlich ihre ganze Jugend und ihre besten Jahre einsetzten.

Ich habe ja neben dem Skifahren immer noch musiziert, fotografiert und Dokumentarfilme gedreht. Ich bin in Marbella am Strand gelegen, habe in Discos getanzt und die Gletscher konsequent vermieden – eine unvergleichlich dankbarere und angenehmere Vita.

In Argentinien wäre aber das skifahrerische Niveau, das so ein Lebenswandel mit sich bringt, nie und nimmer genug, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können und so werden die Simari Birkners auf Jahre hinaus immer wieder eine gute Figur bei Großveranstaltungen abgeben – freilich ohne dabei aber je den Funken einer Chance zu haben sich in vorderen Plätzen zu klassieren.

Ich liebe sie trotzdem alle!