Meinung/Kolumnen/GesMBH

Ton-Film

Applaus brandet auf, der Stanglwirt tritt ab.

Karl Hohenlohe
über den Stanglwirt

Gerade noch haben sich die vielen Prominenten unterhalten, durcheinandergerufen, auf die Schultern geklopft, weggesehen oder laut gelacht. Plötzlich wird es ruhig in dem großen Raum. Stille.

Dann passiert da vorne auf der Bühne etwas, das all die Menschen zu Verbündeten macht, sie in einen seltsamen Bann zieht. Die Gesichter der Gäste entspannen sich, die Sorgenfalten sind mit einem Male nicht mehr so tief gefurcht, die Probleme sind alle noch da, aber sie wiegen weniger und dann lächelt der eine, der gerade noch ernst geschaut hat.

Drei, vier Minuten sind die Menschen in diesem Raum in einem anderen Kosmos gefangen. Freiwillig und sie werden es ein wenig bedauern, wenn sie wieder zurückkehren müssen.

Die einen sind in die wohlbehaltenen, sorglosen Tage ihrer Kindheit entschwunden, die anderen in die Zukunft, die sie sich vielleicht gerade positiv vor Augen führen.

Da vorne passiert eigentlich nichts Besonderes, da steht der Sohn mit der Ziehharmonika, die Mutter und die Tochter erheben die Stimme und der Vater eine abgegriffene Gitarre. Für die einen ist es wie ein längst vergessenes Kinderlied, das man Jahrzehnte nicht mehr gehört hat, die anderen werden später sagen, dass es irgendwie nach Heimat geklungen hat, und wieder andere denken zum ersten Mal seit Langem an gar nichts, und das sind die Glücklichsten.

Applaus brandet auf, der Stanglwirt tritt ab. So ein Kitsch, werden viele sagen, aber jene, die dabei waren, sind anderer Meinung.