Meinung/Kolumnen/GesMBH

Theaterzauber

Ich werde das Burgtheater bald schon als "Lord" besuchen.

Karl Hohenlohe
über die Auswahl an Anreden bei einem Burgtheater-Besuch.

Wir sind – noch nicht – Papst, wir sitzen ständig beim Heurigen herum, lauschen Operettenklängen und was den Amerikanern Haliaeetus leucocephalus, ist uns der Lipizzaner.

Das einzige Klischee, das wirklich stimmt, ist unser Hang zu Titeln. Professor, Kommerzialrat, Gesandter, Weinritter, Regierungsrat, Ministerialrat, Hofrat, Wirklicher Hofrat und Hofrat i. R., um nur einige zu nennen.

Das Problem: Damit man irgendwann als Gesalbte oder Gesalbter dasteht, sollte man irgendwann irgendetwas geleistet haben. Aber es geht auch ohne, und ich möchte in diesem Zusammenhang dem Burgtheater ganz herzlich Danke sagen.

Bestellt man im Internet Karten, wird einem bezüglich der Rechnungsadresse auf die Sprünge geholfen, im wahrsten Sinn des Wortes.

So kann man aus bunten Vorschlägen Anreden buchen, es beginnt bei „Abg. z. NR Dr.“, endet bei „Zahntechnik“, dazwischen harren wundersame Titel aller Art.

Ich persönlich zähle „OMR Dr.med. habil“, dann „Univ.-Doz. MMag. DDr.“ und natürlich das gängige „Prof. Abgeordneter“ zu meinen absoluten Favoriten. Wem das nicht reicht, der kann das Wiener Burgtheater gefahrlos als „Bundesminister a. D.“, „Senator h. c. Prof. Dr. Dr.“ oder „OSTR. Prof.“ besuchen. Schüchterneren Burgtheaterbesuchern sei der eigentümliche Anredevorschlag „283“ empfohlen, auch das kecke „Schleswig-Holstein“, gefolgt von einem „ .“, sei ans Herz gelegt. Wo bitte ist der „Generalanwalt“?

Ich habe die „Prinzessin“ jedenfalls links liegen lassen und werde das Burgtheater bald schon als „Lord“ besuchen.