Meinung/Kolumnen/GesMBH

Steinzeitzeuge

Kürzlich auf dem Zentralfriedhof.

Der Grabstein ist ein richtiger Stein, ein kleiner Fels, der dem Steinmetz getrotzt hat.

Die Menschen gehören zwei unterschiedlichen Gruppen an: hier die Trauernden, da die Pilger, hier die Untröstlichen, die beweinen, dass der geliebte Mensch nicht mehr ist, da die anderen, die sich freuen, dass der geliebte Mensch einmal war. Die meisten Pilger pilgern zu Beethoven und Mozart, erst schießen sie ein Foto, dann schießen ihnen einige Noten durch den Kopf, "Die Neunte", "Brüderlein fein", was einem halt so einfällt.

Der Grabstein, der dem Steinmetz getrotzt hat, steht im Prominentenviertel. Ringsum türmen sich Marmor, Schmiedeeisenkunst und kupferne Lettern, welche die Erinnerung an die Verstorbenen am Leben erhalten sollen.

Der kleine Fels birgt ein Geheimnis. Oben steht " Fritz Muliar", darunter "Kammerschauspieler" und dann "1919–2009".

Vereinzelt verharrt ein Vorübergehender an dem Grab, vielleicht ein Logenbruder, vielleicht ein Gesinnungsgenosse aus der SPÖ, wahrscheinlich ein Fan, dem gleich der "Schwejk" einfallen wird.

Die meisten verlassen das Grab von Fritz Muliar mit einem leisen Lächeln, sie freuen sich, dass er einmal war.

Die wenigsten haben die kleine Plakette auf dem kleinen Felsen gesehen. Links unten hat man sie angebracht und wenn die Blumen weiter wachsen, wird sie irgendwann verschwunden sein.

"Bring me to Crete, don’t ask me why" steht da geschrieben, also "Bring mich nach Kreta, frag nicht warum".

Vielleicht kann ein Lebender dies­bezüglich Auskunft geben, ansonsten müssten wir auf die Auferstehung warten.

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