Meinung/Kolumnen/GesMBH

Sprachschatz

Fallweise wird mir ein präpotenter Ton, vermischt mit Unterwürfigkeit, angedichtet.

Karl Hohenlohe
Belobigt oder beleidigt

Fallweise wird mir ein präpotenter Ton, vermischt mit Unterwürfigkeit, angedichtet. Man weiß nicht, was man von der Kolumne halten soll, ob die Beschriebenen belobigt oder beleidigt werden.

Dies, verehrte Leserschaft, liegt immer im Auge des Betrachters.

Schreibe ich beispielsweise, der Moderator Dieter B. wird mit einem ausgefallenen Laster in Verbindung gebracht, denken die einen an eine Perversion, die anderen an einen Transporter. Wird die beliebte Soubrette Ingeborg A. immer während der Montage beglückt, drängt dem einen der Kalender ins Gehirn, dem anderen ein freundlicher Handwerkerbursche.

Präpotenz, diese widerwärtige Charaktereigenschaft, kann ich in meinem Wesen nur ganz selten, nein, überhaupt nur ein einziges Mal orten. Und zwar genau vor fünf Minuten. Da läutete das Telefon und als ich vorsichtig abhob und mich sicherheitshalber schon erhob, sagte eine sanfte Frauenstimme: "Hier spricht die Bundespräsidentschaftskanzlei. Herr Hohenlohe, darf ich Sie mit dem Herrn Bundespräsidenten verbinden?"

Ich werde so gut wie nie von Bundespräsidenten kontaktiert, fühlte mich also sehr geehrt, schon war die Brust geschwollen, der Buckel zum Hohlkreuz geadelt. Aber was soll man in so einem Moment antworten, soll man die Freude zum Ausdruck bringen ("Supa!") oder soll man sie verbergen ("Ich hab da jetzt echt überhaupt keinen Bock")?

Ich wählte den Mittelweg und wurde nach dem Hinweis "Na gut" in den Leopoldinischen Trakt verbunden.