Meinung/Kolumnen/GesMBH

Seitenblickfang

Nie werde ich die Einschulung von Herrn Podgorski vergessen, der an einer kleinen Schiefertafel stand und uns Seitenblicke-Eleven in die TV-Gestaltung einführte. Retrospektiv betrachtet kann man sagen, dass der damalige Generalintendant überqualifiziert für diese Aufgabe war, aber ich bin ihm ewig dankbar dafür. Ich selbst wurde unschuldig in eine Teilsparte der Gesellschaft geboren und war zu Beginn nicht wirklich gesellschafts-affin. Meine erste Aufgabe war eine Reportage aus einem Zuckerlgeschäft, das Bonbons mit Goldstaub veräußerte, als Lehrmeisterin fungierte Barbara Stöckl. Im Interview meinte eine Verkäuferin, auch Herr Finanzminister Lacina wäre Kunde im Geschäft. Der Beitrag wurde weder von mir geschnitten noch von mir getextet, aber von der zuständigen Chefredakteurin, nein, auch vom Unterhaltungschef für gut befunden. Als nach der Sendung publik wurde, dass Herr Lacina niemals Zuckerln mit Goldstaub erworben hatte, waren die beiden wie vom Erdboden verschluckt, aber ein Schuldiger erkoren. Mein Anfang war also ein Ende, ich wurde gekündigt und nach Aufklärung wieder eingestellt.

Es waren schöne Zeiten, für manche lag der Unterschied der früheren Gesellschaft zur heutigen darin, dass es früher noch eine gab, aber ich bin nicht dieser Meinung. Jede Gesellschaft verdient die Herolde, die über sie berichten und umgekehrt natürlich auch. Mir waren immer jene Berühmtheiten am liebsten, die nicht erkannt werden wollten und wahnsinnig enttäuscht waren, wenn es geschah.

Der Erfolg der "Seitenblicke" liegt auch in der höflichen Annäherung und darin, dass man nun schon seit 25 Jahren das Gegenteil von verbrannter Erde praktiziert.

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