Meinung/Kolumnen/GesMBH

Schweigeminute

Umgehend setzte ich das Publikum davon in Kenntnis und weihte es in meinen diabolischen Plan ein.

Karl Hohenlohe
über Geburtstagsglückwünsche

Es war im romantischen "Romantik Park-Hotel Graz", wo ich mich für den Vortrag meiner aufrüttelnden Lebensbeichte "Wo ich bin, ist Provinz" eingefunden hatte.

Was soll ich sagen, es war ein ganz wunderschöner Abend, die Stimmung ausgelassen, vor allem der Vortragende enthusiasmiert.

Gerade hatte ich eine ausgezeichnete Anekdote rund um Friedrich von Thun durch zu frühes Lancieren der Pointe vollkommen in den Sand gesetzt, als mir erneut der Schalk im Nacken saß.

Plötzlich erinnerte ich mich, dass der berühmteste Magister Österreichs, Magister Christoph Wagner-Trenkwitz, am 18. Juni Geburtstag feiert.

Umgehend setzte ich das Publikum davon in Kenntnis und weihte es in meinen diabolischen Plan ein. Gleich würde ich mein Telefon zücken und ein Filmchen drehen, ich würde um tosenden Applaus für das Geburtstagskind bitten, flehte die Anwesenden jedoch an, keinerlei Reaktion zu zeigen.

Schon war der Filmmodus gestartet, mein Aufruf um Ovationen ergangen, glücklich schwenkte ich über das stoische Publikum, als es auf Tisch vier einige Damen nicht mehr aushielten. Sie riefen "Gemeinheit" und begannen mit frenetischem Applaus. Energisch bat ich um absolute Ruhe, aber es war zu spät.

Das Geburtstagskind hat den Film bereits erhalten, seine Reaktion steht noch aus. Unter Hinterlegung ihrer eMail-Adresse wird den ersten 18.000 Leserbriefschreibern das unscharfe und doch bestechende Bonsai-Epos in den nächsten Tagen zugesandt.