Meinung/Kolumnen/GesMBH

Redefreiheit

Die Menschen reden immer weniger miteinander, man tauscht sich aus, aber man redet nicht mehr mit den anderen, man redet nicht zusammen.

Dies hat Frau Gertrude F. aus 1010 Wien auf zwei Briefseiten zusammengefasst, und nun ist sie Leserbriefschreiberin.

"Können Sie mir beipflichten?" hat sie am Schluss vermerkt. Nein. Leider.

Ich kann versichern, dass mich mein Visavis so gut wie nie langweilt, umgekehrt bin ich mir nicht so sicher.

Wenn man in einer Gesellschaft einen neuen Menschen trifft, sollte man ihn nicht gleich ins Vertrauen ziehen.

Außer man ist in Amerika.

Hierzulande wird man sich über einige leichte Einstiegsfragen nähern, Wetter, Lieblingskäse, Kinder, Hunde, Parkplatznot, und ist das Reservoir einmal erschöpft, kann man erneut mit dem Wetter beginnen.

Ich hatte diesbezüglich einen Vorfahren, der als Koryphäe in Sachen Konversation gehandelt wurde. Er konnte jederfrau und jedermann ins Gespräch ziehen, meist war er bereits nach dem Wettergeplänkel bei tiefschürfender Thematik, bog sich vor Lachen oder gab den versiertesten Zuhörer, den man sich vorstellen kann.

Der Onkel war also eine Berühmtheit und doch lag ein kleiner Schatten über seinem Dasein.

Ein einziges Mal war er fürchterlich gescheitert: Die ältere Dame im Zug ließ sich auf kein Thema ein, sie antwortete kurz, alle Versuche scheiterten und schließlich schlief sie sogar ein.

Der Onkel auch.

In St. Pölten stieg sie dann aus, und als sie beim Zugfenster vorbeiging, rief ihr der Onkel nach: "Ich kann nicht behaupten, dass wir zusammen geredet haben. Aber wir haben zusammen geschlafen".

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