Meinung/Kolumnen/GesMBH

Probezeit

Gott sah herab auf das altehrwürdige Benediktinerstift Göttweig und Gott sah, dass es gut war.

Schon trudelten die ersten Konzertbesucher ein, labten sich auf der Stiftsterrasse an dem Leberkäse und erkundeten den Hof des Stiftes, wo bald schon Elina Garančas Stimme erklingen sollte.

Gott war wirklich zufrieden mit seinen Lämmern und dem Personal, mit allem, aber da, ganz plötzlich, sah er einen Mann, der sich gleich zwei gelbe Raiffeisendecken geangelt hatte, obwohl nur eine pro Person vorgesehen war.

Da zürnte der Herr und wollte seine Schafe auf die Probe stellen.

Umgehend kontaktierte er die Regenabteilung und erwähnte nebenbei, dass es in Göttweig bis zur Pause nicht zwingend regnen müsse.

Natürlich wusste man in der Regenabteilung, was zu tun war, in der Pause aber ließen sie es unglaublich tuschen.

Wer aus dem Publikum würde aufgeben, fragte sich der Herr, wer hätte kein Gottvertrauen, dass es sich nur um einen kurzen Regenguss handeln würde, wer würde schon in der Pause gehen?

Und dann trennte sich der Weizen vom Spreu, einige verweichlichte Stadtkinder ergriffen die Flucht, sie misstrauten dem Himmel und ließen Göttweig hinter sich.

Sofort wurde der Regen abbestellt.

Noch während ich im Auto nach Wien saß und den Blick über die beiden gelben Raiffeisendecken gleiten ließ, rief man mich an und sagte, dass Frau Garanča eben "Ave Maria" gesungen hätte.

Ich weinte, aber nicht aus Rührung, und vielleicht ist es meinem Freund Gerhard Tötschinger und seiner Frau, der wunderbaren Schauspielerin Christiane Hörbiger, in diesem Moment ähnlich ergangen.

Einladungen, Beschwerden, Hinweise:office(at)hohenlohe.at