Meinung/Kolumnen/GesMBH

Muttertag

Einen Moment lang möchte man selbst wieder Kind werden und wenn schon, dann Kind dieser Mutter sein.

Karl Hohenlohe
über das Heldentum der Fan-Mütter

Kürzlich kam ich am Sacher vorbei. Vor dem Hotel ein Bild des Schreckens und der Glückseligkeit. Hunderte Jugendliche, die allesamt noch Kinder waren, harrten aus. In manchen Gesichtern spiegelte sich Müdigkeit, in anderen Verlangen, manche Mädchen hielten eine Puppe im Arm, andere hatten Kugelschreiber gezückt.

Irgendwann würde Justin Bieber erscheinen, vielleicht nur ein paar Sekunden, aber diese Sekunden würden zum Köstlichsten gehören, das einem das Dasein in diesem Lebensabschnitt bieten kann.

Inmitten dieser brodelnden Masse von Fans stand eine Mutter mit drei Töchtern. Alle drei Töchter hatten gestrickte Schals, auf denen Justin Bieber stand. Die Mutter war in diesem Moment die einzige erwachsene Person im improvisierten Fan-Sektor vor dem Hotel Sacher.

Ich glaube nicht, dass diese Mutter selbst gerne Justin Bieber hört, vielleicht hat das unausgesetzte Abspielen der immer gleichen Justin-Bieber-Lieder sogar eine Aversion bei ihr ausgelöst.

Aber sie strickt weiter an den nächsten Justin-Bieber-Mützen, dreht im Auto das Radio lauter, wenn Justin Bieber singt, und schwindelt den drei Töchtern vor, dass auch sie nichts lieber als Justin Bieber hört.

Plötzlich ein Aufschrei, ein Auto, Justin ist da und die drei Mädchen werden vom Glück erfasst. Einen Moment lang möchte man selbst wieder Kind werden und wenn schon, dann Kind dieser Mutter sein.