Meinung/Kolumnen/GesMBH

Mühlsteine

Mir bleibt das alte ' Moulin Rouge' vor allem wegen seiner erotischen Strahlkraft in Erinnerung.

Karl Hohenlohe
über das Wiener "Moulin Rouge"

Es ist eigentlich kein Haus, aber gar kein Haus eigentlich auch nicht.

Es steht zwar im ersten Bezirk, aber es hat nichts Innerstädtisches und die Architektur ist zweifelhaft. Nun ist ein Vertreter der Systemgastronomie in das „Moulin Rouge“ eingezogen und wenn es so weitergeht, wird man irgendwann einmal sagen, auch das ist typisch für Wien.

Mir bleibt das alte „Moulin Rouge“ vor allem wegen seiner erotischen Strahlkraft in Erinnerung. Unvergesslich etwa der Auftritt der römischen Abgeordneten und Filmakteurin Ilona Staller, die als Cicciolina berühmt wurde.

Das Management hatte zu einer eigenwilligen Performance gebeten und unzählige Vertreter der heimische Gesellschaft waren, in Annahme einer künstlerisch doch wertvollen, erotisch angehauchten Varieté-Nummer beizuwohnen, mit Angetrauten erschienen.

Frau Staller eröffnete dürftig bekleidet, entledigte sich aber bald des Ballastes. Nach wenigen Minuten begann sie auf wenig zauberhafte Weise, verschiedenste Gegenstände verschwinden zu lassen und man wurde das Gefühl nicht los, dass man nun beide – die Gegenstände und Frau Staller – nicht zwingend wiedersehen wollte.

Ein ungeheurer, wie ungestillter Fluchttrieb setzte ein, der dadurch unterminiert wurde, dass niemand der Erste sein wollte. Zum Finale tröpfelte Applaus, niemals zuvor wurde das „Moulin Rouge“ so schnell verlassen und ich denke, dass es, trotz Systemgastronomie, auch in Zukunft nicht mehr zu so einer panischen Massenflucht kommen wird.