Meinung/Kolumnen/GesMBH

Memorandum

Selbst die ambitioniertesten Gesellschaftsredakteure hinterlassen bei den Objekten ihrer Begierde keine Spuren.

Karl Hohenlohe
über wachsende und sinkende Begeisterung

Vergangene Woche war hier von einer Begegnung des Kolumnisten mit dem Tennisgott Becker zu lesen. Monika F. aus D.: „Wie ich Ihren Erzählungen entnehme, hatten Sie schon mehrfach Kontakt zu Herrn Becker. Hat er Sie erkannt?“

Mitnichten.

Selbst die ambitioniertesten Gesellschaftsredakteure hinterlassen bei den Objekten ihrer Begierde keine Spuren. Man interviewt sie, druckt es in der Zeitung und aus.

Selbstverständlich kann man die Erinnerung an sich schüren, gewöhnlich tut man dies mit fingierten oder absichtlich verfälschten Interviews, die den Star verunglimpfen, die Auflage aber in schwindelerregende Höhe treiben.

Dies hat zur Folge, dass der Prominente einem nie wieder die Hand reicht und bei Interviews hartnäckig schweigt, aber Berühmtheiten sind diesbezüglich gerne vergesslich.

Das Bild in der Zeitung ist immer stärker als der Hass.

Nein, Herr Becker dürfte mich nicht hassen, ich bin ganz einfach seiner Vergesslichkeit anheimgefallen. Dabei hatte ich ihn einst bei einer Uhrenjubelfeier in Genf, das die Österreicher gerne „Gempf“ aussprechen, 30 Minuten vor der Kamera. Am Anfang des Interviews sagte ich dem Kameramann: „Drehst du schon?“ und er antwortete: „Nein, ich stehe noch.“

Dies erheiterte Herrn Becker über alle Maßen, aber es erheiterte ihn nicht genug, dass er sich Jahrzehnte später noch an den Initiator des Lachanfalls erinnern konnte.