Legenden-Bildung
Von Karl Hohenlohe
Seit Berlusconi gibt es dieses Rom der Filmkunst, der Stars, der großen Premieren nicht mehr.
über Mario Adorf
Mario Adorf war in Kitzbühel. Er hat aus seinem Leben erzählt. Was für ein Leben. Der deutsche Italiener, der italienische Deutsche, der Boxer, der Feind von Winnetou, der große Bellheim und, und, und. Wenn man Herrn Adorf befragt, ziehen sich die Enden seiner Augenbrauen gerne nach unten, ein leiser Anflug von Skepsis macht sich breit, der erst dann entschwindet, wenn er sich einer adäquaten Antwort bewusst ist.
Und er hat wunderbare Antworten. Anekdoten, Gleichnisse, Erinnerungen, die er scheinbar vollkommen mühelos aus seinem Gedächtnis abruft und dem Interviewer auch noch das Gefühl vermittelt, dies mit großer Freude zu tun.
Er ist schon so lange im Geschäft, er hat sie alle gekannt, mit vielen war er befreundet. Rom, das war damals das bessere Hollywood. Seit Berlusconi gibt es dieses Rom der Filmkunst, der Stars, der großen Premieren nicht mehr.
Wenn Herr Adorf von damals erzählt, schwingt immer ein Hauch von Melancholie mit. Kein Schmerz, keine Verbitterung, die Freude, dass es war, überwiegt die Trauer, dass es nicht mehr ist.
Herr Adorf ist nicht nur ein wunderbarer Erzähler, sondern auch ein großer Schauspieler. Ich durfte ihn einmal, gemeinsam mit Herrn Fuchsberger, in Schwechat abholen und die ganze Flughafenschnellstraße war eine Landebahn für Leinwandanekdoten.
Einmal hat er in Sizilien einen Paten gespielt und in der Mittagspause stellten sich 300 Statisten an, um ihm die Hand zu küssen. Viele, weil sie ihre uneingeschränkte Dankbarkeit erweisen wollten, einige aber auch einfach so.