Meinung/Kolumnen/GesMBH

Klangwolke

Es waren Tränen der Verzweiflung, der Erschöpfung, der Hoffnungslosigkeit

Karl Hohenlohe
über den Wiederaufbau des Wiener Stephansdoms

Nun zeigte der mittlerweile renommierte Sender ORF III die Dokumentation "Der Wiener Stephansdom – die Wiedergeburt eines Wahrzeichens". 70 Jahre zuvor stand das Gotteshaus noch lichterloh in Flammen.

Damals war der ehemalige ORF-Generalintendant Gerhard Weis noch ein Kind. Im Fernsehen erzählte er nun, wie er an der Hand der Mutter vor dem brennenden Stephansdom stand und staunte.

Nicht über die herabfallenden Trümmer, die schwelenden Balken, den Geruch verbrannten Holzes, nein, ihm sind in erster Linie die herumstehenden Menschen in Erinnerung geblieben, die vor allem eines verband: Sie weinten.

Es waren Tränen der Verzweiflung, der Erschöpfung, der Hoffnungslosigkeit und die Trauer darüber, dass eines der letzten Symbole Österreichs an diesem 12. April 1944 endgültig in die Knie gezwungen worden war. Acht Jahr später waren die meisten Spuren der Zerstörung verschwunden und am 26. April 1952 kam die neu gegossene "Stimme Österreichs", die Pummerin, nach Wien.

Auf dem Stephansplatz wurde sie gesegnet, dann von einigen kräftigen Männern zum Tönen gebracht. Schon der Weg von Schönbrunn über die Mariahil-fer Straße bis zum Stephansplatz war mit Hunderttausenden gesäumt, die eines verband: Sie weinten. Diesmal aber aus Freude, Zuversicht und Hoffnung.

Hundertausende sahen die Dokumentation in ORF III. Die einen werden Vergessenes zurückgerufen haben, die anderen aber werden erstaunt gewesen sein, was für ein Zusammengehörigkeitsgefühl in Österreich einmal existiert hat.