Wasserzeichen
Von Karl Hohenlohe
Nun dienen die reichen und die armen Sommerfestspielbesucher als Litfaßsäulen.
über Sommerfestspiele
Es ist, als ob der Regen seine Kräfte aufgespart hätte, um sie dann konzentriert wirken zu lassen.
So sammelt er unentwegt Tau, Dunst und heiße Luft, lagert sie in Wolken zwischen, schiebt sie oberhalb der Sommerfestspielstätten, wartet auf die Premiere, und dann legt er los.
Zuerst nur zögerlich, gerade so, dass die Premierenbesucher noch an ein kurzes Tröpfeln glauben, die Regenhäute in den Schutzhüllen lassen und wenn der Hauptdarsteller dann erstmals die Bühne betritt, bricht der Orkan los.
In Haag, in Göttweig , aber auch Grafenegg, überall, wo man das Theater, die Musik und den Sommer zusammenfügt, regnete es.
Aber der Schöpfer will die Kulturbeflissenen nicht strafen – ganz im Gegenteil.
Er hat ein offenes Ohr für sie und beschenkt die Besitzer der etwas teureren Karten, jene also, die ein Dach vom Himmel trennt, mit einem großzügigen Präsent, er belässt sie unbenetzt, sie können trocken in die Pause und später nach Hause gehen.
Früher waren die nassen Sommerfestspielbesucher nicht amüsiert. Der Regen sorgte für Schadenfreude auf den guten Plätzen und Neid bei den Besuchern im Juchee.
Das konnte der Herr nicht auf sich sitzen lassen und er schuf Polyester-Pelerinen, auf denen " Raiffeisen", "OMV" oder "Lokomotivenfabrik Erpfinger" steht.
Nun dienen die reichen und die armen Sommerfestspielbesucher als Litfaßsäulen.
Vor Gott sind alle Menschen gleich.