Fürstentag
Von Karl Hohenlohe
Eigentlich habe ich noch nie zuvor so einen Malerfürsten in Reinkultur gesehen.
über Arnulf Rainer
Es ist ein großer Genuss, wenn man Bildern aus den Kindertagen im Alter wiederbegegnet.
Als ich ein Kind war, also als das Fischer-Kino noch existierte, Herr Blemenschütz auftrat und es am Beginn der Filmvorführungen im Gartenbaukino noch Modeschauen gab, da konnte man noch von Dichter- und Malerfürsten lesen, und die letzten Operettenfürsten lebten gerade noch in ihren Witwen weiter.
Auch die Dichterfürsten sind rar geworden, am ehesten leben sie noch in dem barhäuptigen Glavinic, der gerne schwarz trägt und so grimmig schauen kann, wie andere Dichterfürsten vor ihm.
Mittwochvormittag sah ich endlich wieder einmal einen Malerfürsten. Er hatte im "Sacher-Eck" in der Kärntner Straße auf einem Fauteuil Platz genommen und wurde von stehenden Vertretern der inländischen Presse umringt.
Es war ein schönes Bild, der mit spitzen Kinnbart ausgestattete Professor Arnulf Rainer, die Sonne, die hereinschien, die Vögel, die sich draußen um die Brotkrumen schlugen, und die schöne Sachertortenverpackung, die der Maestro geschaffen hatte.
Längst schon steht ja die Sachertorte in direkter Konkurrenz zu den Sängerknaben und den Lipizzanern, ein Schokolade gewordenes Riesenrad, ein Stück Johann Strauß in der Holzkiste.
Eigentlich habe ich noch nie zuvor so einen Malerfürsten in Reinkultur gesehen. Bevor das Bild jedoch zu süß wurde, bemerkte der Herr Professor, er könnte jeden Tag ein Stück Sacher-Torte essen – aber ohne Schlagobers. Das war ein Statement, und aller Kitsch verpuffte.