Meinung/Kolumnen/GesMBH

Fahrtenschreiber

Wir ambitionierten Gesellschaftsredakteure sind arme Hunde.

Karl Hohenlohe
über Gesellschaftsredakteure

„Kürzlich“, schreibt Emmerich H. aus St. J., „berichteten Sie davon, Herrn Hinterseer vorbeifahren gesehen zu haben. Rechtfertigt so ein Ereignis auch einen Bericht in Ihrer geschätzten Zeitung?“

Herr H., wir ambitionierten Gesellschaftsredakteure sind arme Hunde und ernähren uns ausschließlich von dem, was uns die Kollegen übrig lassen.

Kommt etwa die Königin S. auf Besuch in die Bundeshauptstadt, wird man in der Innenpolitik von ihrem Treffen mit Heinz Fischer lesen, beim Sport, wie sie das neue Stadion besuchte, in der Wirtschaft von ihrer Wirtschaftsdelegation und unsereins bleibt dann nur mehr, das Haarkleid zu beschreiben oder welche Form der Forellenzubereitung (blau, gebraten etc. etc.) ihr besonders behagt.

Was den Kollegen eine Neuwahl, eine Firmenpleite oder eine Opern-Premiere, ist uns, wenn Hansi Hinterseer vorbeifährt.

Ich hab’ das unendliche Glück, Herrn Hinterseer schon mehrfach vorbeifahren gesehen zu haben. Wenn ich dann jedes Mal tatsachengetreu davon berichte, glauben die Leser an ein Déjà-vu, dabei fährt Hansi Hinterseer immer anders vorbei. Manchmal fährt er leise, manchmal laut, manchmal hört er Tschaikowsky, noch öfter sich selbst.

Es liegt also ein gewisse Spannung darin, wie Hansi Hinterseer vorbeifährt und die Volksmusik-affinen Leserinnen und Leser wollen es ganz genau wissen.

Sie zu enttäuschen, käme mir nie in den Sinn und so wird man noch oft an dieser Stelle von Herrn Hinterseer in seiner Limousine lesen.