Heldenepos
Von Karl Hohenlohe
Als Kind sah ich ihn vom Balkon des Bundeskanzleramtes winken.
über Karl Schranz
Früher war er ein untrügliches Zeichen für den Winterbeginn.
Kaum war Karl Schranz im Fernsehen und in den Illustrierten zu sehen, wusste man, dass es bald losgehen würde. Die Zuschauer würden wieder die Pisten säumen, Dr. Kurt Jeschkos Stimme würde erklingen, und wenn ein Franzose ganz oben auf dem Stockerl stand, war man verstimmt.
Nun kündigt Herr Karl Schranz den Herbst an.
Dort vorne sitzt er und lauscht dem Mariinsky-Orchester, das von St. Petersburg nach Grafenegg gekommen ist.
Eine erste, spätsommerliche, kühle Brise hat sich des Wolkenturms bemächtigt, noch steht die Entscheidung Wind gegen Regen unentschieden.
Viele Besucher haben sich in Decken gehüllt, Karl Schranz nicht. Er hat immer schon gerne den Naturgewalten getrotzt, braungebrannt, aufrecht, die 75 Jahre sieht man ihm nicht an.
Er war schon 1972, als man ihn von den Olympischen Spielen ausschloss, ein Volksheld, und als der damalige IOC-Funktionär Manfred Mautner-Markhof den Ausschluss begrüßte, kam es zu einer einzigartigen Solidaritätskundgebung der Österreicherinnen und Österreicher: Sie kauften keinen Senf mehr. In der Pause werden Erfrischungen und Karl Schranz herumgereicht.
Als Kind sah ich ihn vom Balkon des Bundeskanzleramtes winken.
Ein Plakat in der Menge hat sich in mein Gedächtnis eingegraben: „1809 Andreas Hofer – 1972 Karl Schranz“.
Wie schön, dass wir nicht zur Übertreibung neigen.