Meinung/Kolumnen/GesMBH

Haargenau

Auf einmal blickte Vera Russwurm aus dem Bildschirm und sah dort Mario Adorf tief in die Augen. Nun wollte sie wissen, ob er wegen seines Bartes wohl etwas zu verbergen hätte, respektive ein unsicherer Mensch sei.Nein, meinte er, aber es blieb hängen.   Früher dachte ich immer, ausschließlich wir vom Boulevard wären primär an der Oberfläche interessiert, aber das Interesse an Äußerlichkeiten geht quer durch alle Gesellschaftsschichten. Als schönes Beispiel möchte ich die sehr gelungene Ehrung des Multikünstlers Werner Schneyder im Unterrichtsministerium erwähnen. Was wurde da angeführt: Die Theateraufführungen, Bücher, Reportagen, Kommentare, Aphorismen, Übersetzungen – all das, vollkommen zu Recht, in höchsten Tönen gelobt. Und als man nachhe rbeieinander stand, war doch auch wieder die Frisur von Herrn Schneyder ein beliebtes Konversationsthema. Die Lager schieden sich in die eine Gruppierung, die der Meinung war, es handle sich um eine Marotte der Natur, ein zweites Lager glaubte an einen Unfall des Friseurs, und eine dritte Fraktion verlangte eine Veröffentlichung der Kontaktdaten des Coiffeurs, damit sie es Herrn Schneyder gleichtun konnte. So verbrachte man unterhaltsame Stunden, schwor sich jedoch, auch bald wieder ein Schneyder-Buch zu konsultieren. Ich glaube nicht, dass sich Herr Schneyder deswegen grämen wird.Selbst anerkannte Geistesgrößen reduzieren Goethe auf das Götz-Zitat, Rapid auf Hans Krankl, Felix Salten auf die Mutzenbacherin und Charly Chaplin auf seinen Bart. Damit sollte Herr Schneyder eigentlich leben können.   

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