Ges.m.b.H.: Made in England
Von Karl Hohenlohe
Anlässlich einer Feier im Hotel Imperial bekam man nun auch eine Wachsfigur der Queen zu sehen. Die weißen Haare in Locken gelegt, jede Pore original und aus den Glasaugen ein Blick, als ob er gerade über den herbstlichen Hyde-Park streifen würde. Immer wieder näherte sich das Volk der falschen Majestät und kam ihr so nahe, wie wir es nur vom Liftfahren kennen, wenn wir Unbekannten in Zentimeterabständen von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Grauenhaft. Die wächserne Queen blieb den ganzen Abend ungerührt, ganz so, wie sie es im realen Leben vom Original gelernt hat. Die echte Queen lässt sich ja auch nie aus der Ruhe bringen, sie implodiert, wo man als Rotblütiger längst schon explodiert wäre. Manchmal kommen die Bürger zu der imperialen Wachsfigur, nehmen allen Mut zusammen, zupfen dann eine Locke zurecht, erschrecken die Königin mit einem plötzlichen "Buuh" und warten auf eine Reaktion. Umsonst. Die ganz Mutigen nähern sich unauffällig, blicken sich um, zupfen an dem Gewande, stibitzen rasch ein Strass-Steinchen und glauben dann, ein Teil der Kronjuwelen wäre ihrer. Ich selbst sah einmal in London, wo die wächserne Schwester der Queen logiert, wie sich ein etwa fünfjähriges Mädchen der Königin näherte, sie lange betrachtete und dann mit einem bemerkenswerten Satz in ein Gespräch zu verwickeln suchte. Sie sagte: "Ich weiß eh, dass du nicht echt bist", harrte einer zustimmenden Antwort und wechselte dann sichtlich enttäuscht hinüber zu einer unbekannten blonden Frau, in einem weißen Kostüm, deren Rock von einer Windmaschine in die Luft gewirbelt wurde. Einladungen, Beschwerden, Hinweise: karl.hohenlohe@kurier.at