Meinung/Kolumnen/GesMBH

Bildsprache

Man wirbelt Menschen und Zeiten durcheinander und hofft, dass beim Betrachter von beiden Welten etwas hängen bleibt.

Karl Hohenlohe
über Wurst als Adele

Gerade hat man in Paris die Ikone Wurst als "Goldene Adele" fotografiert. Mit der Aufnahme wird für den Life Ball geworben.

Dies ist ein alter, wunderbarer Trick, die Massen zu mobilisieren. Man wirbelt Menschen und Zeiten durcheinander und hofft, dass beim Betrachter von beiden Welten etwas hängen bleibt.

Auf gleicher Basis verdienen sich die Gladiatoren, die heute in Rom vor dem Kolosseum posieren, und die Fiaker ihr Geld. Beide haben aus längst vergangenen Zeiten etwas in die Gegenwart herübergerettet, ein vermeintlich sinnloses Versatzstück, ein lebender Anachronismus, der einen Zweck erfüllt:

Er hat Aufmerksamkeit zu erregen und Geld zu verdienen.

Die Fotos von Conchita Wurst à la Klimt sind sehr ästhetisch und kommen einem guten Zweck zugute, sie werden positiv in der Erinnerung verankert.

Anders ist es, wenn ein Licht der Vergangenheit ganz plötzlich einen Schatten in die Gegenwart wirft, und ein Foto einer historischen Gestalt auftaucht.

Kürzlich hat man ja eine Aufnahme der Witwe von Mozart entdeckt und noch etwas früher eine Fotografie der Kaiserin Elisabeth in reiferen Jahren.

Die Kaiserin mit den grauen Haaren blickt ernst in die Kamera, eine ältere Dame, der man ansieht, dass sie einen Großteil ihres Lebens auf der Flucht war.

Ist jetzt all das, was man durch Winterhalter und seine Freunde abgespeichert hat, unmittelbar verschwunden?

Nein, noch glitzern die Sterne in ihrem Haar und auch Adele existiert weiterhin ohne Bart.