Verkaufen, verkaufen, verkaufen
Von Simone Hoepke
Im Grunde geht es nicht um Ohrstöpsel, sondern um das Lebensgefühl, das Marken verkaufen.
übers Verkaufen
Man kann mir viel vorwerfen, aber sicher nicht, dass ich ein Nerd bin. Mit Technik befasse ich mich so intensiv wie mit südostasiatischer Schildkrötenzucht: gar nicht.
Trotzdem haut mich Apple um. Ihre neue Uhr ist wasserdicht! Na bumm! Ich dachte, alle Uhren dieser Preisklasse seien wasserdicht. So wie Smartphones serienmäßig Stecker für Kopfhörer haben – falls jemand freihändig telefonieren will.
An das neue iPhone kann man keine Kopfhörer anstecken, weil es zu dünn ist. Blöd gelaufen. Da hatte wohl ein Techniker einen Denk- und Rechenfehler, könnte man meinen. Doch das war Absicht. Ich vermute von jemandem aus der Abteilung "kabellose Kopfhörer".
Man muss fair sein: Leicht haben es die Apples dieser Welt nicht. Sie verkaufen Smartphones in Länder, in denen es schon jetzt mehr Handys als Menschen gibt. Viele haben bei der Präsentation des neuen Modells noch immer Probleme, das alte zu bedienen. Innovationen sollten selbst Technik-Trotteln einleuchten. Drahtlose Ohrhörer, genannt AirPods, sind ein Ansatz.
Im Grunde geht es nicht um Ohrstöpsel, sondern um das Lebensgefühl, das Marken verkaufen. Das beherrschte Charles Revson schon um 1930. "In der Fabrik produzieren wir Nagellack, im Geschäft verkaufen wir Träume", hat der Gründer der Kosmetikmarke Revlon gesagt. Dass Nagellack damals mehr oder weniger ein Abfallprodukt der Autoindustrie war, sagte er nicht dazu. Lieber gab er den Lacken Namen wie "Fifth Avenue" und setzte damit ein Kopfkino in Gang: Einkaufen, wo die Schönen und Reichen shoppen – das wollte jeder.
Heute kann man rund um die Uhr shoppen. Da wird es wieder cool, weniger zu konsumieren, der Umwelt zuliebe. Konzerne erkennen das. Sie engagieren Nachhaltigkeitsbeauftragte, die Produkte ins richtige Licht rücken. Kleine Spendenaktionen werden zur Rettung der Welt hochstilisiert. Manchmal würde man CSR-Leuten am liebsten sagen, sie sollen ihre Botschaften in ein Sackerl reden. Doch viele schaffen Plastiksackerl ab 2017 ab. Aus Umweltschutzgründen, sagen PR-Leute.